Erster Spatenstich auf der Großbaustelle: Die Stiftung Umweltenergierecht startet das Projekt „Neuordnung Energierecht“

Mit Beginn des neuen Jahres hat die Stiftung Umweltenergierecht ein neues Projekt in Angriff genommen, das es in sich hat und echte Pionierarbeit verlangt: Es geht darum, eine neue Struktur für das Energierecht aufzusetzen, die anwenderfreundlich ist und den weiteren Energiewendeprozess verlässlich trägt.

Der Paragrafendschungel des Energierechts wird immer undurchsichtiger und komplexer. Gleichzeitig hadert die Branche mit Graubereichen und Regelungslücken. Selbst der Gesetzgeber tut sich schwer, über punktuelle Reformen hinauszukommen: Dringend notwendige Weichenstellungen scheitern an dem schier undurchdringlichen Regelungsdickicht, das seit Jahrzehnten immer weiter vor sich hin wuchert, ohne jemals grundlegend durchforstet worden zu sein. Die Stiftung Umweltenergierecht hat sich jetzt vorgenommen, diese strukturellen Probleme des Energierechts zu lösen und einen neuen Rechtsrahmen zu entwickeln, der mehr Rechtssicherheit und Investitionen in neue Geschäftsmodelle ermöglicht.

Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt? Die Stiftung Umweltenergierecht will mit ihrem neuen Projekt der Komplexität des Energierechts zu Leibe rücken und die Energiewende wieder besser steuerbar machen.

Akademische Ratschläge aus dem „Elfenbeinturm“ wird es nicht geben

„Ziel des Vorhabens ist es, ein Energierecht aus einem Guss zu entwickeln“, erklärt der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Thorsten Müller. „Das auf viele verschiedene Gesetze und Verordnungen verstreute Energierecht soll in einem einheitlichen Rahmen zusammengeführt und besser aufeinander abgestimmt werden. Auf diese Weise soll es anwenderfreundlicher werden und dem Gesetzgeber die Steuerung der Energiewende erleichtern.“  Die Arbeiten finden aber nicht im akademischen „Elfenbeinturm“ statt. Vielmehr wird es verschiedene Formate geben, in denen sich Akteure aus der Energiewirtschaft, der öffentlichen Verwaltung, der Wissenschaft, der Anwaltschaft und der Rechtsprechung in das Projekt einbringen können. Durch einen Begleitkreis, themenbezogene Arbeitsgruppen, Interviews, Workshops und Tagungen wird der Erfahrungsschatz der Praxis für die Ziele des Projektes aktiviert und in die Arbeit eingebunden.

Schritt für Schritt zum Ziel

Bis zum Herbst 2022 will die Stiftung einen Vorschlag für einen konsistenten, neuen Rechtsrahmen für das Energierecht vorlegen. Dafür müssen wir im ersten Schritt herausarbeiten, welche Normen derzeit überhaupt zum Energierecht zählen. Das bedeutet, wir legen eine Stoffsammlung aller energierechtlichen Regelungen „im weiteren Sinne“ an und prüfen, was ihre wichtigsten Strukturmerkmale sind und welche Bezüge sie untereinander aufweisen. Anschließend bewerten wir nach wissenschaftlichen Kriterien und unter Einbeziehung des Begleitkreises, welche Regelungsinhalte daraus zu einem Energierecht „im engeren Sinne“ gezählt werden müssen. Dieses neue Regelungsgerüst bildet dann die Grundlage für alle weiteren Schritte. Dr. Hartmut Kahl, der als Forschungsgebietsleiter das Projekt mitbetreut, veranschaulicht die ersten Schritte an einem einfachen Beispiel aus dem Alltag: „Wenn man einen neuen Schrank aufstellt, muss man erst einmal alle Schubladen des alten Schranks ausräumen, Überflüssiges aussortieren und überlegen, welche Dinge sonst noch in das neue Möbelstück gehören, die jetzt vielleicht noch in der Kommode im Esszimmer liegen.“

Auf dieser Grundlage setzen wir uns sodann mit dem zentralen Schritt des Projektes auseinander: Der Erarbeitung einer schlüssigen Struktur für ein neugeordnetes Energierecht. Die bereits identifizierten Normen müssen schließlich auch in eine zweckmäßige Ordnung gebracht werden. Wir beginnen dabei zunächst mit einem groben Rahmen, der durch das Einsortieren der energierechtlichen Einzelregelungen immer feingliedriger wird. Unser Ziel dabei ist, dass in Zukunft alle Elemente des Energierechts sinnvoll und anwenderfreundlich angeordnet sind. Bereits im Herbst 2021 wollen wir – rechtzeitig zum Beginn der neuen Legislaturperiode – die Chancen und Erfolgsfaktoren eines Neuordnungsprozesses präsentieren und mit Wirtschaftsteilnehmern, Politik und Wissenschaft diskutieren.

Schließlich wird das von uns neu geordnete Energierecht daraufhin untersucht, wie einzelne Regelungsinhalte noch besser aufeinander abgestimmt werden können, wo sich Regelungslücken auftun und wo sich Normen gegebenenfalls sogar widersprechen. Um unsere Ergebnisse am Ende auch für die Politik nutzbar zu machen, erarbeiten wir zudem umfassende Handlungsempfehlungen, die wir dem Gesetzgeber zur Verfügung stellen. Diese sollen aufzeigen, an welchen Stellen und auf welche Weise der Rechtsrahmen verbessert werden kann.

 

Jemand muss den Anfang machen

„In vielen Gesprächen mit der Politik und den Ministerien sowie Branchenakteuren und -beobachtern haben wir immer wieder gehört, wie wichtig es wäre, diese Strukturfragen anzugehen“, berichtet Thorsten Müller. „Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt? Diese Fragen haben wir letztes Jahr für uns positiv beantwortet und deshalb das Projekt in Angriff genommen. Denn letztlich kann vermutlich nur ein spezialisiertes Forschungsinstitut wie die Stiftung Umweltenergierecht eine solche Aufgabe erfolgreich bewältigen.“

Dass die Stiftung Umweltenergierecht mit ihrem Vorhaben nicht bei Null beginnt, ist ein großer Vorteil. „In vielen unserer Projekte haben wir Erfahrungen, Wissen und Material sammeln können, das uns bei der Neuordnung des Energierechts zugutekommt“, sagt Daniela Fietze, die sich als Wissenschaftliche Referentin schon in einem früheren Vorhaben mit Begriffsangleichungen im Energiewirtschaftsrecht beschäftigt hat. „Jetzt geht es darum, alles auf eine größere Folie zu projizieren, um Strukturdefizite sichtbar zu machen und nicht nur minimalinvasive Reparaturen durchzuführen. Um den Überblick zu behalten, möchten wir bei ‚Neuordnung Energierecht‘ auch verstärkt mit digitalen und interaktiven Tools arbeiten“, ergänzt Anna Papke, die an dem Vorhaben ebenfalls mitarbeitet.

Unterstützung willkommen

Das Vorhaben „Neuordnung Energierecht“ ist ein Eigenprojekt der Stiftung Umweltenergierecht. Das heißt, es gibt keinen Auftraggeber oder zentralen Zuwendungsgeber. Für unsere Pionierarbeit sind wir daher auf Ihre Unterstützung angewiesen. Viele unserer Unterstützer haben ihre Spenden schon erhöht, andere Unternehmen haben das Vorhaben zum Anlass genommen, uns erstmals zu unterstützen. Wir freuen uns über diese großartige Resonanz und werben dafür, dass weitere hinzukommen. Auch Sie? Sprechen Sie uns einfach an. Wir erläutern Ihnen gerne näher, was wir vorhaben und wie Sie sich einbringen können.