Eine Netzampel für Deutschland? Forschung zu Flexibilitäten auf Verteilnetzebene

Nachdem sich die Stiftung Umweltenergierecht in verschiedenen Projekten bereits mit dem Rechtsrahmen für zuschaltbare Lasten mit Fokus auf der Übertragungsnetzebene befasst hat, rückt in den kommenden Monaten verstärkt die Verteilnetzebene in den Blickpunkt. Anlass hierfür ist das Projekt „Grid Integration“, das von einem Konsortium, bestehend aus der Bergischen Universität Wuppertal (BUW), dem Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) und dem Energieversorgungsunternehmen Entega AG, durchgeführt wird.

Den Hintergrund dieses Projektes bildet der effiziente Umgang mit dem veränderten Energiesystem. Dieses ist in immer stärkeren Ausmaß von den fluktuierenden Energiequellen Wind und Sonne geprägt. Die Stromproduktion ist vom Wetter abhängig und nicht beliebig regelbar. Schwankungen in der Versorgung, also gleichermaßen Unterdeckungen mit Strom als auch Überschüsse, müssen durch Eingriffsmaßnahmen der Netzbetreiber ausgeglichen werden. „Netzausbau ist insoweit zwar ein unerlässlicher Faktor für das Gelingen der Energiewende, es müssen jedoch auch die Potenziale des Last- und Erzeugungsmanagements ausgeschöpft werden“, fasst Oliver Antoni, Projektleiter der Stiftung Umweltenergierecht, die Motivationslage für das Projekt zusammen.

Anpassung des Rechtsrahmens für Flexibilitätsoptionen erforderlich

Eine Netzampel könnte die Phasen bis zum Netzengpass regeln.

Der Rechtsrahmen für Flexibilitätsoptionen, also für spezielle Dienstleistungen von Anlagenbetreibern zum Ausgleich von Stromschwankungen, ist jedoch noch unzureichend ausgeprägt. Ein echter marktlich organisierter Mechanismus zum Abschluss von Verträgen über Ab- oder Zuschaltleistung durch den Netzbetreiber besteht bislang nicht. Erste Ansätze existieren bislang nur im Bereich des Gefährdungsmanagements und betreffen demnach nur diejenigen Situationen, in denen das Netz andernfalls zu kollabieren droht. Zu nennen sind etwa die Verordnung zu abschaltbaren Lasten sowie die neuen Regelungen zur Heranziehung von Power-to-Heat-Anlagen bei Netzengpässen (sog. „Nutzen statt Abregeln“). „Man kann die derzeitige Lage gut mit einem Ampelsystem illustrieren: In der grünen Phase, in der es keine Netzengpässe gibt, ist grundsätzlich keine Regulierung nötig. In der roten Phase, in der Engpässe auftreten, greifen die Regelungen zum Gefährdungsmanagement durch die Netzbetreiber. Für die dazwischen liegende Gelbphase bestehen dagegen bislang keine Vorgaben“, so Johannes Hilpert, wissenschaftlicher Referent der Stiftung Umweltenergierecht.

Marktmodell für Flexibilitätsoptionen: Klärung rechtlicher Herausforderungen

Im Projekt Grid Integration soll ein Modell entwickelt werden, wie ein Markt für Flexibilitätsoptionen aussehen könnte. Er soll aktiviert werden, sobald aufgrund eines sich abzeichnenden Netzengpasses die „Ampel“ auf gelb schaltet. Dieser Markt soll bei den Verteilnetzbetreibern verortet sein. Aus rechtlicher Sicht ist insoweit insbesondere zu untersuchen, wie die Abstimmung zwischen einem solchen Flexibilitätsmarkt und dem klassischem Gefährdungsmanagement erfolgen kann und welche Anforderungen an die Informationserlangung und -weitergabe durch die Verteilnetzbetreiber zu stellen sind. „Für die Stiftung Umweltenergierecht bedeutet das Projekt einen Schritt zur weiteren Erschließung des Themenfeldes der Digitalisierung der Energiewende und ist somit von großem Wert auch für die weitere Arbeit“, so Oliver Antoni. „Grid Integration ist daher auch im Zusammenhang mit den stark diskutierten Fragestellungen zu smart grids und smart markets sowie der Umrüstung der alten Stromzähler auf intelligente Messsysteme zu sehen und damit voll am Puls der Zeit“, ergänzt Johannes Hilpert.

Weiterführende Informationen zum Projekt „Grid Integration“