Interview mit Dr. Martin Grundmann, Geschäftsführer der ARGE Netz
Stiftung Umweltenergierecht: Was ist die wichtigste Herausforderung in Ihrem Arbeitsfeld?
Dr. Grundmann: Als wir 2009 auf Initiative von Bürgerwindparks die ARGE Netz gegründet haben, war klar: Alles wird sich verändern, es wird mehr Markt geben, die vielen kleinen Bürgergesellschaften müssen auf Augenhöhe mitspielen können.
Heute wissen wir, dass unser Weg richtig ist und wir ihn rechtzeitig gegangen sind. Trotzdem findet die Energiewende in einem atemberaubenden Tempo statt. Die wichtigste Herausforderung ist, die kleinen und mittleren Unternehmen, die vor 25 Jahren mit unternehmerischem Mut die Energiewende begonnen haben, im Markt zu halten.
Stiftung Umweltenergierecht: Was sind die zentralen Herausforderungen der Energiewende, die es zu bewältigen gilt?
Dr. Grundmann: Die zentrale Herausforderung der Energiewende ist es, dass wir Versorgungssicherheit auf Basis erneuerbarer Energien erreichen. Wir müssen 2022 in der Lage sein, die Atomkraftwerke zu ersetzen. Wir müssen 2050 fast den gesamten Strom und zwei Drittel der gesamten Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien gewinnen. Das scheint weit weg zu sein, ist aber bereits morgen. Also müssen wir heute beginnen, die weiteren wichtigen Schritte zu gehen. In erster Linie: die Verknüpfung der verschiedenen Energiemärkte, also die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Mobilität und Industrie. Wir wissen, dass wir hierfür sehr viel IT benötigen, darin steckt auch eine große wirtschaftliche Chance für das Industrieland Deutschland.
Stiftung Umweltenergierecht: Welche Rolle spielt das Recht bei der Lösung dieser Herausforderungen?
Dr. Grundmann: Das Recht spielt eine zentrale Rolle, denn wir stellen gerade die Energiewirtschaft vom Kopf auf die Füße. Erneuerbare Kraftwerke müssen fossile Kraftwerke ersetzen. Viele Millionen dezentrale Energieerzeugungsanlagen müssen über IT miteinander verbunden werden und die Versorgungssicherheit gewährleisten. Nicht mehr große Konzerne, sondern Millionen von Unternehmen und Bürgern, meistens außerhalb des eigentlichen Energiebereichs, werden die Energieerzeugung übernehmen. Produktion und Verbrauch von Energie werden sich verschmelzen, wir werden unsere Energie nicht mehr umständlich beantragen, sondern über Apps online bestellen. Das ist ziemlich komplex und das muss eine klare rechtliche Grundlage haben, die nicht nur für Deutschland, sondern für ganz Europa gelten muss.
Stiftung Umweltenergierecht: Warum fördern Sie die Stiftung Umweltenergierecht?
Dr. Grundmann: Wir fördern die Stiftung Umweltenergierecht, weil die Stiftung die wichtigste Einrichtung dafür ist, die rechtlichen Grundlagen für das gerade entstehende neue Energiesystem anzupassen.
Dr. Martin Grundmann ist Geschäftsführer der ARGE Netz – eine der größten deutschen Unternehmensgruppen für die erneuerbare Energieerzeugung.