Impulse für einen Stromhandel in der Region

Die Stiftung Umweltenergierecht begleitet das Thema „regionaler Stromhandel“ bereits seit geraumer Zeit in verschiedenen Projekten. Gemeint ist damit, dass Strom in derselben Region erzeugt und verbraucht wird und beispielsweise auch Nachbarn untereinander eigenerzeugten Strom kaufen und verkaufen können („Peer-to-Peer“). Ein Thema, das viel Potenzial, aber auch einige Stolpersteine mit sich bringt. Das neue Whitepaper des Projektkonsortiums von „pebbles“ liefert dafür Impulse und Vorschläge zur Weiterentwicklung des Rechtsrahmens.

Die Stiftung hatte bereits im Herbst 2020 eine Würzburger Studie zum Rechtsrahmen für regionale Energieplattformen unter Einbindung der Blockchain-Technologie erstellt. „Die Quintessenz lautete damals: Schon heute können regionale Energieplattformen umgesetzt werden, der Rechtsrahmen legt den Beteiligten aber noch viele Steine in den Weg“, fasst Projektleiter Dr. Johannes Hilpert die Ergebnisse zusammen. „Dabei wollten wir es natürlich nicht belassen und untersuchen jetzt, wie wir die Umsetzungsprobleme lösen könnten“, ergänzt Oliver Antoni.

Die Idee des regionalen Stromhandels ist ganz einfach: Strom wird dort verbraucht, wo er erzeugt wird.

Woran hakt es?

Ob es um den Aufbau von regionalen Energieplattformen, um gemeinschaftliche Eigenversorgung, Bürgerenergiegemeinschaften oder Erzeugung und Verbrauch von Strom im Quartier geht, die regulatorischen Probleme bei der Umsetzung sind alle ähnlich: Die in der Höhe fixen staatlich induzierten Strompreisbestandteile wie die EEG-Umlage und das Netzentgelt bieten den Verbrauchern kaum Anreize für einen regionalen bzw. flexiblen Stromverbrauch. „Für Netzbetreiber wiederum setzt die Anreizregulierungsverordnung Impulse, in den klassischen Ausbau der Netze zu investieren, anstatt in intelligente, digitale Lösungen“, ergänzt Julian Senders, „das haben wir im letzten Jahr im Rahmen des SINTEG-Projektes NEW 4.0 in einer eigenen Studie näher erforscht.“

Wer seinen eigenen PV-Strom an den Nachbarn verkaufen will, wird nach derzeitiger Rechtslage als Energieversorgungsunternehmen eingestuft.

Darüber hinaus zeigt sich, dass der Rechtsrahmen auf dezentrale Energieversorgungskonzepte vielfach noch nicht ausgelegt ist: So treffen den „kleinen“ privaten Stromerzeuger beim Verkauf seines PV-Stroms an den Nachbarn die gleichen Rechnungsstellungs-, Transparenz- und Bilanzierungspflichten wie „große“ Energieversorgungsunternehmen. „Hinzu kommt das Problem, dass EE-Anlagenbetreiber ihren geförderten Strom nicht ohne Weiteres als Grünstrom vermarkten dürfen, Grund ist das Doppelvermarktungsverbot“, wirft Anna Papke ein. Rasche und häufige Lieferantenwechsel, die prägender Bestandteil von Energieplattform-Modellen sind, können zudem aufgrund regulatorischer Vorgaben für die Wechselprozesse kaum umgesetzt werden. Und Dr. Maximilian Wimmer ergänzt: „Wo es um digitale Plattformen geht, müssen auch die Vorgaben von Datensicherheit und Datenschutz Berücksichtigung finden.“

Was könnte man tun?

Nicht jedes Hemmnis führt dazu, dass der Rechtsrahmen geändert werden muss. Im Bereich des Datenschutzes liegt es etwa vorrangig an Wissenschaft und Praxis, geeignete technische Konzepte zu entwickeln. Die Stiftung Umweltenergierecht leistet hier bereits Beiträge im laufenden Forschungsprojekt „InDEED“. An anderen Stellen besteht jedoch sehr wohl das Bedürfnis, die bestehenden Regelungen anzupassen. Hier setzt das Whitepaper des pebbles-Konsortiums, bestehend aus Fraunhofer-FIT, Allgäuer Überlandwerke, Allgäu Netz, Siemens AG und Hochschule Kempten an. Adressiert werden Anpassungen in den Bereichen der Stromsteuer, des Netzentgelts und der Anreizregulierung.

Ein neues Papier schlägt jetzt Anpassungen bei der Stromsteuer, dem Netzentgelt und der Anreizregulierung vor

Konkret wird angeregt, diejenigen Privilegierungsvorschriften bei der Stromsteuer, die bislang nur für Stromlieferungen im unmittelbaren Zusammenhang von 4,5 Kilometern greifen, deutlich auszuweiten. Etwa so, dass es künftig auf einen Umkreis von 50 Kilometern um das Postleitzahlengebiet ankommt, in dem sich die Entnahmestelle befindet. Weiterhin wird vorgeschlagen, die Netzentgelte im Hinblick auf die Engpasssituation variabler auszugestalten und Investitionen in Digitalisierungsanwendungen im Rahmen der Anreizregulierung besserzustellen. Zudem wird gefordert, bürokratische Hürden im Bereich der Rechnungsstellung und des Lieferantenwechsels abzubauen.

„Soll lokal gehandelter, im besten Falle netzdienlich verbrauchter Strom bei den Strompreisbestandteilen privilegiert werden, gibt es eine Vielzahl von Umsetzungsvarianten. Die grundsätzliche Frage, ob die Netzentgeltsystematik der StromNEV den heutigen Gegebenheiten noch entspricht oder einmal grundsätzlich überarbeitet werden müsste, sollte dabei nicht völlig aus den Augen verloren werden“, meint Daniela Fietze. In diese Richtung gehen auch Impulse aus dem EU-Winterpaket, die den aktiven Kunden in den Mittelpunkt stellen und verursachungsgerechte Entgelte und Umlagen fordern. Inwiefern der deutsche Gesetzgeber diese Impulse aufgreift, bleibt abzuwarten.