Bürgerenergiegesellschaften im EEG 2017 – eine Wissenschaft für sich

Wie wirkt sich die EEG-Novelle auf Bürgerenergiegesellschaften aus?

Welche rechtssicheren Wege eröffnen die Sonderregelungen im EEG 2017 für Bürgerenergieprojekte? Diese Frage beschäftigt die Stiftung Umweltenergierecht schon seit Langem und auch aktuell intensiv. Derzeit arbeiten die Würzburger Rechtswissenschaftler an einem ausführlichen Hintergrundpapier im Rahmen des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Vorhabens WindPlan, um die neue Rechtslage zu erläutern, Hinweise zu geben und auf bestehende Auslegungsunsicherheiten hinzuweisen.

Zum 1. Mai 2017 werden erstmalig Ausschreibungen für die Förderung von Windenergieanlagen an Land in Deutschland durchgeführt und die Spannung der potenziellen Bieter steigt. Ein klares Bild, was diese neue Zugangsvoraussetzung in der Praxis bedeuten wird, hat bisher niemand. Die Spekulationen über die Wettbewerbsintensität und den daraus resultierenden Zuschlagspreis treiben zum Teil wilde Blüten.

Unsicherheit bei der Auslegung von Regelungen zur Bürgerenergie im EEG 2017

Besonderen Herausforderungen sind die Akteure der Bürgerenergie ausgesetzt. Der Gesetzgeber hatte sich in der EEG-Novelle dagegen entschieden, ihnen eine Ausnahme von den Ausschreibungen zu eröffnen, obwohl dies europarechtlich möglich gewesen wäre. Stattdessen wurde in § 36g EEG 2017 lediglich die Option eröffnet, mit abweichenden Anforderungen und Rechtsfolgen an den Ausschreibungen teilzunehmen. Doch die Unsicherheit, wie die Regelungen in Teilbereichen auszulegen sind, was sie genau bedeuten und worauf man achten muss, ist groß.

„Wie vielfältig die Fragestellungen sind und wie groß die Verunsicherung bei vielen Akteuren ist, haben wir bei unseren Workshops und Vorträgen zum neuen Rechtsrahmen im Jahr 2016 deutlich gespürt,“ berichtet Thorsten Müller, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Umweltenergierecht, über die Erfahrungen aus bundesweit über zwanzig Veranstaltungen und Vorträgen der Stiftung zum EEG 2017 im zweiten Halbjahr 2016. „Hier kommen zwei Faktoren zusammen, die die Unsicherheit gegenseitig verstärken: einerseits die Frage nach der allgemeinen Wirkung der Ausschreibungen und andererseits die offenen Auslegungsfragen zum neuen Rechtsrahmen der Bürgerenergie.“

Änderungsgesetz bessert nach

Dass der Gesetzgeber noch vor dem Inkrafttreten der EEG-Novelle mit dem Änderungsgesetz vom Dezember 2016 die Voraussetzungen für Bürgerenergiegesellschaften noch einmal nachjustiert hat, ist aus Sicht von Dr. Hartmut Kahl, Leiter des Forschungsgebiets „Recht der erneuerbaren Energien und Energiewirtschaft“, ein Schritt in die richtige Richtung: „Mit den zusätzlichen Anforderungen dürften ‚echte‘ Bürgerenergieprojekte grundsätzlich keine Schwierigkeiten haben. Die von vielen gesehene Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der Sonderregelungen ist damit kleiner geworden, wenn auch nicht beseitigt. Allerdings sind dadurch auch neue Auslegungsschwierigkeiten und Regelungsunsicherheiten geschaffen worden, die vermeidbar wären.“ Ein Beispiel dafür ist, dass die Anforderungen an die personelle Zusammensetzung der Bürgerenergiegesellschaften jetzt ununterbrochen vorliegen müssen. Auch unverschuldete Veränderungen können zum Wegfall der Privilegien führen. Daher werden Vorkehrungen gesucht, die dann aber mit anderen Anforderungen kollidieren können.

Stiftung bereitet Rechtslage in Hintergrundpapier auf

Die Stiftung Umweltenergierecht erarbeitet derzeit ein umfangreiches Hintergrundpapier, um die Rechtslage aufzubereiten, offene Fragen soweit wie möglich zu beantworten und die Punkte zu identifizieren, die noch einer Klärung bedürfen. „Ziel unserer Arbeit ist es, den Akteuren eine Hilfestellung an die Hand zu geben“, so Hauptautorin Ilka Hoffmann, die als Projektleiterin bei der Stiftung den Bereich „Rechtsrahmen der Bürgerenergie“ bearbeitet. Das Papier wird noch rechtzeitig vor der ersten Ausschreibungsrunde veröffentlicht.