In aller Munde und doch ein unbekanntes Wesen: PPAs mit Erneuerbaren in Deutschland als neue Vermarktungsform außerhalb des EEG?

Stiftung Umweltenergierecht befasst sich mit Power Purchase Agreements (PPAs) und analysiert den Rechtsrahmen

Für Weiterbetriebsanlagen sind PPAs eine Chance.

Was passiert eigentlich, wenn Erneuerbare-Energien-Anlagen keine gesetzliche Förderung aus dem EEG mehr erhalten? Diese Frage wird sich in den nächsten Monaten und Jahren verstärkt stellen, denn mit Ablauf des Jahres 2020 endet für die ersten EE-Anlagen nach zwanzig Jahren die EEG-Förderung. Eine Verlängerung ist – mit einer Ausnahme im Bereich der Biomasse – nicht möglich. Auch ist nicht absehbar, dass die Politik eine Anschlussförderung einführen wird. Für die Anlagenbetreiber bedeutet dies, bereits heute nach neuen Vermarktungswegen Ausschau zu halten, damit etwa in der Windbranche ein „Mühlensterben“ verhindert werden kann. „Wo gesetzliche Ansprüche auslaufen, schlägt die Stunde individueller, vertraglicher Lösungen“, so Dr. Johannes Hilpert, Projektleiter bei der Stiftung Umweltenergierecht im Bereich Energiewirtschaftsrecht. „Es zeigt sich schon heute in der Praxis, dass PPAs hier ein wichtiges Thema werden könnten.“

Doch was ist eigentlich ein PPA? So einfach lässt sich das gar nicht sagen. Zunächst umfasst der Begriff „power purchase agreement“ – wörtlich übersetzt – alle denkbaren Varianten von Strombezugsverträgen. In der energiewirtschaftlichen Debatte wird der Begriff aktuell auch weitgehend konturlos für viele Fallkonstellationen verwendet, ein einheitliches Begriffsverständnis fehlt. So wird heute auch Verträgen, die bisher schon im Rahmen der sonstigen Direktvermarktung im EEG Praxis waren, aus Marketinggründen das Label PPA angeheftet. Hinter dem Begriff PPA steckt jedoch ursprünglich etwas mehr als nur „irgendein“ Strombezugsvertrag. Im Grundsatz geht es um vergleichsweise lang laufende Verträge, in denen individuelle Strompreisvereinbarungen zwischen den Vertragsparteien getroffen werden. Regelmäßig dienen diese Verträge auch einer Absicherung der Investition und des erforderlichen Fremdkapitals, so dass die entsprechende vertragliche Ausgestaltung für Banken und sonstige Kapitalgeber von wesentlicher Bedeutung ist. Gesicherte Einnahmen in ausreichender Höhe über einen langen Refinanzierungszeitraum und zusätzlich ein verlässlicher und bonitätsstarker Vertragspartner sind daher die Wunschvorstellungen für ein PPA. Diese Vertragsinhalte waren bisher Bestandteil des gesetzlichen Schuldverhältnisses im EEG und die Voraussetzung für die Projektfinanzierung. Heute wird mit dem Verweis auf die Praxis in anderen Ländern vermehrt diskutiert, ob eine vergleichbare Refinanzierungsbasis auch durch PPAs ermöglicht werden kann.

Corporate-PPAs statt EEG-Förderung?

Für PPAs fehlt bisher ein einheitliches Begriffsverständnis.

„PPAs sind daher nicht nur für ausgeförderte Anlagen von Bedeutung, sondern könnten perspektivisch auch für den Neubau von EE-Anlagen interessant werden“, meint Johannes Hilpert. Dies wird dann der Fall sein, wenn im Vergleich zum EEG gleich hohe oder sogar höhere Erlöse erzielt werden können und der Vertrag eine vergleichbare Sicherheit über einen relevanten Zeitraum bieten kann. PPAs könnten aber auch dazu führen, die Unsicherheiten entfallen zu lassen, die aus den Ausschreibungen resultieren. Ein vertraglich gesicherter Preis für den Stromverkauf vor Beginn des Genehmigungsverfahrens würde verhindern, dass der Projektierer nach dem Ausschreibungsverfahren ohne Zuschlag auf den bis dahin aufgelaufenen Kosten sitzen bleibt. Die wirtschaftliche Lage entspräche dann der im EEG vor Einführung der Ausschreibungen. Erste PPAs für Neuanlagen werden möglicherweise für die Offshore-Anlagen geschlossen werden, die in den letzten Ausschreibungsrunden mit Null-Cent-Geboten bezuschlagt wurden. Ob hier aber auch die Finanzierung über PPAs gesichert wird oder dies jedenfalls teilweise über eine Unternehmensfinanzierung erfolgen wird, bleibt abzuwarten.

Vertragspartner können neben Versorgern und Aggregatoren auch große Unternehmen als Direktabnehmer sein, die sich aus strategischen Gründen die Nutzung grünen Stroms auf die Fahnen schreiben möchten. Bei solchen „Corporate PPAs“ ohne EEG-Förderung können dann auch Herkunftsnachweise zum Beleg der Grünstromeigenschaft ausgestellt und an die Unternehmen weitergegeben werden. Auf diese Weise kann die grüne Eigenschaft des Stroms auch nach außen belegt werden. Dieser Werbeeffekt könnte als Mehrwert möglicherweise Aufschläge auf den bloßen Marktpreis ermöglichen. PPAs sind allerdings genauso auch in Kombination mit der Marktprämie möglich, allerdings nur als Graustromprodukt. Der Unterschied zum Direktvermarktungsvertrag verschwimmt dann aber Zusehens.

Trotz des zunehmenden energiewirtschaftlichen Interesses an PPAs fehlt bisher eine umfassende rechtliche Einordnung dieses Instruments. Die Stiftung Umweltenergierecht widmet sich deshalb im Rahmen des Schaufenster-Projektes Norddeutsche Energiewende 4.0 (NEW 4.0) erstmals den rechtlichen Fragestellungen, die mit der Gestaltung von PPAs verbunden sind. „Durch ein PPA wird bei der heutigen Rechtslage nur das gesetzliche Schuldverhältnis der EEG-Zahlungen durch eine rein vertraglich ausgestaltete Vergütung ersetzt, im Übrigen gelten aber die Regelungen des EEG auch weiterhin“, erklärt Johannes Hilpert. In PPAs müssen daher etwa keine Regelungen zum vorrangigen Netzzugang getroffen werden. Vertrag und Gesetz ergänzen sich hier. Den Anlagenbetreibern, die ihre Finanzierung über ein PPA absichern und insoweit auf die gesetzlichen Zahlungen verzichten, erwachsen im Vergleich zu den anderen EEG-Anlagenbetreibern ansonsten keine weiteren Nachteile. Die Ergebnisse zur Einordung des rechtlichen Rahmens von PPAs wird die Stiftung Umweltenergierecht noch im Herbst veröffentlichen.

Zulässigkeit langlaufender Verträge nicht geklärt

Die Stiftung Umweltenergierecht arbeitet aktuell zu rechtlichen Fragen rund um die Vertragsgestaltung von PPAs.

Fragezeichen bestehen aber im Hinblick auf die rechtlich zulässige Vertragslaufzeit von PPAs. Wenn ein PPA tatsächlich an die Stelle des EEG zur Absicherung der Finanzierung treten soll, dann kommt diesem Aspekt aber eine ganz entscheidende Bedeutung zu. Hier können sich einerseits aus dem AGB-Recht und andererseits aus dem Kartellrecht Restriktionen ergeben. Pauschal geltende Aussagen lassen sich aber kaum treffen, da für jedes PPA individuell geprüft werden muss, ob AGB-Recht bzw. Kartellrecht tatsächlich Anwendung finden und welche Konsequenzen dies im Hinblick auf die zulässige Laufzeit hat. Hier besteht das Problem, dass es grundsätzlich keine per Gesetz festgeschriebenen Höchstgrenzen gibt, sich solche aber aus der Entscheidungspraxis etwa des Bundeskartellamts oder der Gerichte ergeben können. Dabei ist unklar, ob und inwieweit sich Entscheidungen aus anderen Energiesektoren, etwa im Bereich von langlaufenden Gasbezugsverträgen, auch auf PPA im Stromsektor übertragen lassen. Eine generelle Aussage, PPAs mit bis zu 20 Jahren Laufzeit – und damit ggf. sogar entsprechend der Förderdauer im EEG – seien generell zulässig oder unzulässig, lässt sich rechtlich jedenfalls nicht belegen.

Konturlosigkeit des PPA-Begriffs erfordert wissenschaftliche Auseinandersetzung

Damit belastbar beurteilt werden kann, ob und wie PPAs eine andere Rolle als heute spielen können, muss neben der Klärung der rechtlichen Unsicherheiten und der mit PPAs erzielbaren ökonomischen Effekte auch eine Klärung des Begriffsverständnisses einhergehen. Da „power purchase agreement“ kein Rechtsbegriff ist (und als Anglizismus auch nicht werden sollte), braucht es für eine energierechtliche, aber auch eine energiewirtschaftliche und -politische Diskussion jedenfalls eine klar definierte Vorstellung davon, was man hierunter versteht. „Für uns als rechtswissenschaftliche Einrichtung ist es ein Ansporn, hier einen wichtigen Beitrag zu leisten“, bringt Thorsten Müller, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Umweltenergierecht, die Motivation für die Arbeiten zu diesem Themenfeld auf den Punkt. Dabei ist klar, dass die Arbeit nicht mit einem Papier beendet sein wird, ein solches kann nur der Ausgangspunkt für die weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit PPAs sein. „Ob PPAs für Neuanlagen dann tatsächlich eine Alternative zum EEG sein können, wird auch von den rechtlichen Anforderungen an solche Verträge, aber vor allen Dingen von den ökonomischen Effekten abhängen, die sie ermöglichen. Das EEG heute würde einen schleichenden Übergang immer dann ermöglichen, wenn seine Förderwirkung im konkreten Fall nicht mehr gebraucht würde, weil die Marktpreise alleine ausreichen. Es besteht aktuell kein Handlungsdruck, sondern ausreichend Zeit, PPAs im deutschen Strommarkt noch zu erforschen“, unterstreicht Thorsten Müller.