Wichtige Weichenstellungen der EU für die deutsche Energiewende 2021

Der EU Green Deal bekommt immer klarere Konturen: Die Beratungen des EU-Gesetzgebers zum EU-Klimagesetz haben kürzlich begonnen, um neue EU-Klima- und Energieziele bis 2030 und 2050 gesetzlich festzulegen. Zeitgleich bereitet die EU-Kommission derzeit ein umfangreiches Paket mit Gesetzesvorschlägen vor, das sie im Juni 2021 veröffentlichen und damit den Startschuss für verschiedene Gesetzgebungsverfahren geben will. Die Stiftung Umweltenergierecht wird diese Prozesse eng begleiten, allgemeinverständlich aufbereiten und die Bedeutung für die deutsche Energiewende analysieren.

Mit welchen Instrumenten können die EU und ihre Mitgliedstaaten effektiv das Ziel der Klimaneutralität erreichen?

Ende November haben das EU-Parlament, der Rat und die EU-Kommission den informellen Trilog für ein neues EU-Klimagesetz begonnen, mit dem das Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050 gesetzlich festgelegt werden soll. Eine Leerstelle klaffte noch in der Position des Rates: Welches Minderungsziel für Treibhausgase soll die EU bis 2030 anstreben? Die EU-Kommission hatte ein Mindestziel von 55 Prozent vorgeschlagen, das EU-Parlament forderte 60 Prozent.

Die Mitgliedstaaten Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten haben sich nun auf dem EU-Gipfel Mitte Dezember auf ein Minderungsziel von 55 Prozent netto geeinigt. Dies soll noch vor Weihnachten durch den zuständigen Umweltrat bestätigt werden. Auch wenn es noch viele offene und strittige Verhandlungspunkte gibt, wollen alle Seiten im Jahr 2021 eine Einigung finden.

Wie sollen die neuen Ziele erreicht werden?

Die Vereinbarung ambitionierter Ziele bis 2030 und 2050 ist nur die eine Seite. Zentral ist auch die Frage, mit welchen Instrumenten die EU und ihre Mitgliedstaaten verstärkten Klimaschutz und die Transformation der Energieversorgung bewerkstelligen wollen. Die EU-Kommission hat für 2021 ein ehrgeiziges Arbeitsprogramm vorgestellt, ein umfangreiches Paket mit Vorschlägen für neue Gesetze soll im Juni 2021 veröffentlicht werden. Angestrebtes Ergebnis: den bestehenden EU-Rechtsrahmen für Klimaschutz und Energie umgestalten und neue Instrumente implementieren.

Diese Prozesse auf EU-Ebene und in Deutschland analysieren wir stetig in einem von der Stiftung Mercator geförderten Vorhaben, bei dem der Name Programm ist: Auswirkungen des EU Green Deal auf das Klimaschutz- und Energierecht in Deutschland. Wir haben im Oktober mit einer monatlichen Online-Seminarreihe begonnen.  Auch mit Berichten und Studien werden wir in 2021 die einzelnen Gesetzgebungsverfahren allgemeinverständlich aufbereiten und den Diskurs mit eigenen Ideen bereichern.

Eine besondere Rolle wird dabei der CO2-Bepreisung zukommen. Erste Gedanken für eine Ausweitung des Emissionshandelssystems der EU (EU ETS) auf die Bereiche Gebäude, Verkehr und Schifffahrt liegen auf dem Tisch. Besonderes Augenmerk liegt hier auf einer stimmigen Lösung zusammen mit dem sogenannten Non-ETS-Bereich. Dieser Bereich regelt diejenigen Emissionen, die bisher nicht vom Emissionshandel erfasst werden. Hier zukünftig unter Berücksichtigung von Land- und Forstwirtschaft gut funktionierende Regelungen hinzubekommen, wird nicht einfach, zumal auch die anstehende Reform der EU-Vorgaben für Energiesteuern nicht vergessen werden darf.

Um die Klimaschutzziele erreichen zu können, wird eine Ausweitung des Emissionshandelssystem der EU diskutiert.

Besondere Aufmerksamkeit hat schließlich die bisher geführte Diskussion um die erstmalige Einführung eines CO2-Grenzausgleichssystems erhalten. Damit soll das Abwandern europäischer Industrie in Teile der Welt verhindert werden, in denen ein niedrigeres Klimaschutzniveau besteht. Hier ergeben sich spannende Fragen zur Einbettung in das EU-System für die Bepreisung von CO2.

Welche Szenarien und Instrumente am Ende ausgestaltet und genutzt werden sollen, ist auch Gegenstand unseres interdisziplinären Forschungsprojekts Ariadne – Evidenzbasiertes Assessment für die Gestaltung der deutschen Energiewende, welches als Kopernikus-Projekt durch das Bundesforschungsministerium bis 2023 gefördert wird. In einem ersten gemeinsamen Papier mit den ökonomischen und politikwissenschaftlichen Projektpartnern konnten wir aus rechtwissenschaftlicher Sicht bereits auf versteckte Risiken und Chancen hinweisen, die sich bei der Suche nach dem richtigen zur Klimaneutralität ergeben.

Erneuerbare Energien und Energieeffizienz als Treiber der Energiewende

Die Stiftung Umweltenergierecht wird die komplexen Prozesse auf EU-Ebene in ihren Forschungsprojekten eng begleiten.

Auch wenn die EU-Richtlinien zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz gerade erst reformiert wurden, so besteht schon wieder Anpassungsbedarf. Denn ein höheres 2030-Ziel für die Reduzierung von Treibhausgasemission bedeutet gleichzeitig höhere Anforderungen im Energiebereich. Laut Prognosen wird der Anteil der EU-weiten Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien von 32 Prozent im Jahr 2020 auf 65 Prozent im Jahr 2030 steigen müssen.

Bei solchen Abschätzungen ist es offensichtlich, dass der Ausbau erneuerbarer Energien und die Nutzung energieeffizienter Maßnahmen massiv beschleunigt (siehe zu Energieeffizienz unser Horizon2020-Projekt CitizEE) und die Transformation des Energiesystems vorangetrieben werden muss. Die EU-Ebene wird hierzu ihren Beitrag leisten, die genaue Umsetzung soll aber weiterhin nationale Aufgabe bleiben. Die Mitgliedstaaten müssen dabei das EU-Beihilferecht beachten, das einen fairen Wettbewerb gewährleisten soll.

Die EU-Kommission wird im Jahr 2021 neue Leitlinien für die Anwendung beihilferechtlicher Regelungen für Umwelt und Energie beschließen – diese sind von enormer Bedeutung für die Frage, welche Handlungsspielräume dem deutschen Gesetzgeber überhaupt noch verbleiben. Auch diese Fragen werden Schwerpunkte unseres Projekts Auswirkungen des EU Green Deal auf das Klimaschutz- und Energierecht in Deutschland sein.