Beschleunigungsgebiete für erneuerbare Energien werfen ihre Schatten voraus

Mitte September hat das Europäische Parlament die Änderung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EE-RL) beschlossen. Teil der umfangreichen Änderungen ist unter anderem die Ausweisung von Beschleunigungsgebieten für erneuerbare Energien sowie von Infrastrukturgebieten für Netze und Speicher. Innerhalb dieser Gebiete sollen zukünftig Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigt werden. Das neue Tempo und die zahlreichen Vereinfachungen, die bereits mit der EU-Notfall-VO eingeführt wurden, werden damit fortgeführt und sogar ausgeweitet.  

Die geänderte EE-RL bringt es gleich in den vorangestellten Erwägungsgründen auf den Punkt: „Langwierige Verwaltungsverfahren für die Erteilung von Genehmigungen sind eines der Haupthindernisse für Investitionen in Projekte für Energie aus erneuerbaren Quellen und die damit zusammenhängende Infrastruktur.“ Dazu gehören komplexe Vorschriften für die Standortauswahl und die behördlichen Genehmigungen, komplexe und langwierige Bewertungen der Umweltauswirkungen, Probleme mit dem Netzanschluss, Schwierigkeiten bei einer Anlagenänderung während des Genehmigungsverfahrens und eine dünne Personaldecke bei Genehmigungsbehörden oder Netzbetreibern.

Mit den „Beschleunigungsgebieten“ soll der Turbo für die Erneuerbaren gezündet werden.

Das Ziel: Schnellere Genehmigungsverfahren

Die Lösung dieser Probleme sieht die Richtlinie vor allem in der Ausweisung von Beschleunigungsgebieten für erneuerbare Energien sowie von Infrastrukturgebieten für Netze und Speicher. Für die Ausweisung der Beschleunigungsgebiete sieht die Richtlinie ein zweistufiges Verfahren vor, das innerhalb von gut zwei Jahren durchlaufen sein muss: In einem ersten Schritt sollen die Mitgliedstaaten Gebiete für Erneuerbare-Energien-Anlagen und die zugehörige Infrastruktur identifizieren, mit denen sie mindestens die nationalen Beiträge zum neuen europäischen Gesamtziel für 2030 – nämlich 42,5 Prozent Energie aus erneuerbaren Quellen – erreichen. Außerdem sollen sie zum Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 beitragen.

In einem zweiten Schritt sollen innerhalb dieser Gebiete dann die eigentlichen „Beschleunigungsgebiete“ ausgewiesen werden, in denen die Nutzung der erneuerbaren Energien voraussichtlich keine erheblichen Umweltauswirkungen hat. Dabei müssen bereits bei der Gebietsausweisung in den Plänen Regeln für wirksame Minderungsmaßnahmen festgelegt werden, um mögliche negative Umweltauswirkungen zu vermeiden oder zumindest erheblich zu verringern. Die späteren Projekte in dem jeweiligen Gebiet müssen diese Maßnahmen dann einhalten.

Durch den Systemwechsel entfallen viele Prüfpflichten

Bei Einhaltung dieser Maßnahmen entfallen im Genehmigungsverfahren dann die Pflichten zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und zur FFH-Verträglichkeitsprüfung sowie im Grundsatz auch die Prüfungen zum europäischen Artenschutz und Gewässerschutz. Diese Prüfungen werden durch ein sogenanntes Screening ersetzt, bei dem die Genehmigungsbehörde nur noch prüft, ob das jeweilige Projekt angesichts der ökologischen Sensibilität des geografischen Gebiets höchstwahrscheinlich erhebliche unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen haben wird, die bei der damaligen Gebietsausweisung nicht ermittelt wurden.

Dieser Systemwechsel soll die Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen. Das sonstige nationale Recht (zum Beispiel Denkmalschutzrecht, Luftverkehrsrecht oder Baurecht) bleibt davon allerdings unberührt und muss weiterhin „normal“ geprüft werden.

In einem zweistufigen Verfahren sollen die „Beschleunigungsgebiete“ identifiziert werden.

Schwierige Umsetzung der Richtlinie

Da es sich um die Änderung einer europäischen Richtlinie handelt, muss sie von den Mitgliedstaaten erst noch in nationales Recht umgesetzt werden. Erst dann sind die Vorgaben unmittelbar geltendes Recht.

Da die neuen Regelungen aber im Detail noch zahlreiche Fragen aufwerfen, gilt es, diese schnellstmöglich zu identifizieren und bei der Umsetzung in deutsches Recht Klarheit zu schaffen. Nur so kann verhindert werden, dass Unklarheiten und Unsicherheiten bei den Genehmigungsbehörden die Verfahren wieder verzögern. Im Gegenteil sollte zukünftig das volle Beschleunigungspotenzial ausgeschöpft werden. Die Stiftung Umweltenergierecht wird dazu in Kürze eine umfangreiche Untersuchung vorlegen.