Wie kommen wir zu einer Wärmeversorgung ohne Gas?

Es braucht neue rechtliche Instrumente, um Gas in der Wärmeversorgung kurzfristig effizienter und sparsamer einzusetzen. Mittelfristig muss die Wärmeversorgung vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Die Stiftung Umweltenergierecht forscht in verschiedenen Zusammenhängen zu den damit verbundenen rechtlichen Herausforderungen.

Durch den weitgehenden Wegfall des wichtigsten Gaslieferanten Deutschlands und der Europäischen Union ist verstärkt ins Bewusstsein gerückt, dass nicht nur die Stromerzeugung, sondern auch die Wärmeerzeugung zügig auf erneuerbare Energien umgestellt werden muss. Während der Anteil von Erdgas bei der Stromerzeugung in den letzten Jahren stetig abgenommen hat und im ersten Halbjahr 2022 in Deutschland lediglich noch 11,7 Prozent betrug, ist Erdgas im Wärmesektor weiterhin der bei weitem wichtigste Energieträger mit einem Verbrauch von rund 1.000 TWh im Jahr 2021.

Um diesen Anteil zu reduzieren, bedarf es kurzfristig verstärkter Anstrengungen zur Einsparung von Gas. Hierzu hat der Rat der Europäischen Union im August dieses Jahres eine Verordnung über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage erlassen, mit der die EU-Staaten sich verpflichten, sich nach besten Kräften zu bemühen, ihren Gasverbrauch über den Winter 2022/2023 um mindestens 15 Prozent zu senken.

Weg von der Gasabhängigkeit: Bei der Stromerzeugung hat der Erdgasanteil in den letzten Jahren abgenommen. Doch im Wärmesektor hat sich kaum etwas getan.

Das allein reicht aber nicht aus. Es müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden, um den Gasverbrauch zu reduzieren und die Transformation der Wärmeerzeugung in allen Bereichen hin zum Einsatz erneuerbarer Energien voranzubringen. Die Stiftung Umweltenergierecht forscht dafür im Projekt Fernwärme-digital zu den rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Fernwärmeversorgung mittels Digitalisierung effizienter und damit ressourcenschonender zu machen. Weitere Arbeitsbereiche der Stiftung liegen aktuell im Bereich der Flexibilisierung der Fernwärmeerzeugung, der Klimaneutralität im Gebäudesektor und in der kommunalen Wärmeplanung.

Flexibilisierung der Fernwärmeerzeugung

Ein schnell umsetzbares Mittel im Bereich der Fernwärme wäre, Betreiber von bisher unflexibel betriebenen KWK-Anlagen zu verpflichten, Wärmespeicher zuzubauen, um in Zeiten niedrigen Stromangebots bei zugleich hohen Preisen die Wärmespeicher zu befüllen und in Zeiten hohen Stromangebots und niedriger Strompreise die KWK-Anlage herunterzufahren und den Wärmebedarf über den Wärmespeicher zu decken.

Hierdurch könnte die Fernwärmeerzeugung flexibilisiert und zugleich die Abregelung von EE-Anlagen vermindert werden, welche bei einem zu hohen Stromangebot nötig wäre. Die Stiftung Umweltenergierecht hat hierzu ein Gutachten erstellt, das zu dem Ergebnis kommt, dass eine solche gesetzliche Verpflichtung mit dem Grundgesetz vereinbar und energiewirtschaftsrechtlich umsetzbar wäre, indem beispielsweise im Energiewirtschaftsgesetz entsprechende Regelungen getroffen werden könnten.

Gebäude klimaneutral machen

Für den Gebäudesektor von maßgeblicher Bedeutung sind die Pläne der Bundesregierung, dass ab 2024 alle neu einzubauenden Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Hierfür soll das Gebäudeenergiegesetz novelliert werden. Die Stiftung Umweltenergierecht berät das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zusammen mit weiteren Forschungspartnern bei diesem Prozess.

Ab 2024 sollen neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Eine Option hierfür sind Wärmepumpen.

Neben der Nutzung von Fernwärme, die perspektivisch durch erneuerbare Energien erzeugt werden kann, wird vor allem der Einbau von Wärmepumpen und die Nutzung von Erdwärme (Geothermie) forciert. Hierzu wird die Stiftung Umweltenergierecht die Forschungsaktivitäten künftig ausweiten und etwa untersuchen, welche regulatorischen Anforderungen es bei der Versorgung von Bestandsquartieren zu beachten und weiterzuentwickeln gilt.

Kommunale Wärmeplanung als strategisches Instrument

Als strategisches Instrument zur Erreichung der Klimaneutralität bei der Energieversorgung wird die kommunale Wärmeplanung an Bedeutung gewinnen. Die Bundesregierung plant aktuell mit einem Gesetz die Einführung einer verpflichtenden kommunalen Wärmeplanung durch die Bundesländer. Das BMWK hat dazu im Sommer 2022 ein Diskussionspapier veröffentlicht, das den betroffenen Akteuren die Gelegenheit gibt, den Gesetzgebungsprozess mitzugestalten.

Die Stiftung Umweltenergierecht forscht seit 2020 im Projekt Kommunale Wärmeleitplanung (KoWaP) zu den rechtlichen Rahmenbedingungen der kommunalen Wärmeplanung. Welche rechtlichen Anforderungen sind bei der Aufstellung von Wärmeplänen zu beachten, etwa aufgrund des Datenschutzrechts? Welche Regelungen existieren derzeit auf Länderebene? Wie lassen sich die Ziele und Maßnahmen der Wärmepläne im zweiten Schritt mit den vorhandenen oder weiterzuentwickelnden Rechtsinstrumenten, beispielsweise des Bauplanungsrechts oder des besonderen Städtebaurechts, auch in der Praxis umsetzen? Antworten darauf geben Handlungsempfehlungen, die die Stiftung Umweltenergierecht zusammen mit adelphi und Prof. Dr. Jürgen Knies von der Hochschule Bremen entwickelt hat.

Es zeigt sich, dass viele Ideen und Instrumente denkbar sind, um Gas effizienter einzusetzen und gleichzeitig die Wärmeerzeugung langfristig klimaneutral auszurichten. Es handelt sich in jedem Fall um eine notwendige Kraftanstrengung, welche die Stiftung mit ihrer Expertise weiter begleiten wird.