Neuer Rechtsrahmen für den Strommarkt

Das Strommarktdesign der Zukunft ist aktuell ein großes Thema. Schwerpunkte sind künftige Förderinstrumente für erneuerbare Energien und steuerbare Kapazitäten, die Stärkung lokaler Signale sowie Flexibilitätspotenziale auf der Nachfrageseite. Die EU hat mit ihrer Strombinnenmarktreform in rechtlicher Hinsicht bereits vorgelegt. Über dieses neue Regelwerk haben wir uns einen ersten Überblick verschafft. Entscheidende Weichenstellungen stehen nun auch im deutschen Recht an. Ein länger laufender Prozess, den wir mit verschiedenen Aktivitäten begleiten und analysieren werden.

Das Optionenpapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) zum Strommarktdesign der Zukunft, die Wachstumsinitiative der Bundesregierung, das Inkrafttreten der EU-Strombinnenmarktreform: Über den Sommer ist einiges passiert, das erheblichen Einfluss auf die Ausgestaltung des künftigen deutschen Strommarktdesigns haben dürfte. Die laufenden und teilweise bereits abgeschlossenen Aktivitäten der Bundesnetzagentur zur Reformierung der Netzentgelte sowie die kürzlich angelaufene Konsultation zu Eckpunkten des Kraftwerkssicherheitsgesetzes sind hier ebenfalls zu nennen.

Neue Förderinstrumente und neues Marktumfeld für Strom aus erneuerbaren Energien

Wie sich die EU das Design des EU-Strombinnenmarkts künftig vorstellt und wie die neuen Regelungen der EU-Strombinnenmarkt-Richtlinie sowie der EU-Strombinnenmarkt-Verordnung dafür aussehen, haben wir kompakt und als Überblick in Form von drei Beiträgen zusammengefasst, die bereits erschienen oder im Erscheinen sind.

„Dabei haben wir uns zuerst auf die künftigen EU-Vorgaben für die Förderung von erneuerbaren Energien in Form von zweiseitigen Differenzverträgen, sogenannten ‚Contracts-for-Differences‘ (CfD), und den Rechtsrahmen für Strombezugsverträge, auch als ‚Power-Purchase-Agreements‘ (PPA) bekannt, konzentriert“, erklärt Johanna Kamm, wissenschaftliche Referentin und Autorin unseres jüngsten zweiteiligen Beitrages in der Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft (EnWZ). „Vor allem der Wechsel vom derzeitigen Fördermechanismus im Erneuerbare-Energien-Gesetz auf eine wie auch immer geartete Rückzahlungsverpflichtung wird wohl eine der großen Systemumstellungen in der Gesetzeshistorie des EEG bedeuten“, schätzt Johanna Kamm.

Mit den neuen EU-Vorgaben steht eine große Systemumstellung im Fördermechanismus des EEG an. (Foto: Hunagyifei/iStock)

„Der Fokus auf Förderinstrumente für den Ausbau erneuerbarer Energien sollte aber nicht den Blick darauf verstellen, dass diese natürlich mit dem gesamten Marktumfeld interagieren“, ergänzt Felix Hoff, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Mitautor eines weiteren Beitrages zum Gesamtüberblick über die EU-Strombinnenmarktreform (im Erscheinen). „Daher wird auf nationaler Ebene interessant sein, wie zukünftig die steuerbaren Kapazitäten im Rahmen eines Kapazitätsmechanismus gefördert werden.“ Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung enthält der EU-Rechtsrahmen verschiedene Vorgaben. Hervorzuheben ist insofern der Grundsatz der Technologieoffenheit, sprich neben Kraftwerken müssen grundsätzlich auch Batteriespeicher und Lastflexibilität teilnehmen können.

Interdisziplinärer Überblick im Ariadne-Projekt

„Die gesamte Entwicklung wird uns jedenfalls länger beschäftigen, strategisch auch über diese Legislatur hinaus“, sagt Dr. Markus Kahles, Leiter des Forschungsgebiets Recht der erneuerbaren Energien und Stromversorgung. „Denn das Thema hat nicht nur politisch und wissenschaftlich Konjunktur. Wichtiger für uns ist, dass es harte rechtliche Vorgaben gibt, die ein gesetzgeberisches Handeln erfordern. So greifen die Vorgaben für CfD bei direkten Preisstützungssystemen ab 17. Juli 2027. Die geltende beihilfenrechtliche Genehmigung der EU-Kommission für das EEG 2023 läuft bereits Ende 2026 aus.“

Ein interdisziplinäres Hintergrundpapier soll Kernelemente, Herausforderung und Lösungsoptionen für das künftige Strommarktdesign behandeln. Es soll noch im Herbst erscheinen. (Foto: Thorsten Schier/Shutterstock)

Den instrumentenübergreifenden und interdisziplinären Überblick zu behalten, ist dabei eine Herausforderung. Daher arbeiten wir im durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kopernikus-Projekt „Ariadne“ an einem Hintergrundpapier, dessen Erscheinen diesen Herbst geplant ist und das die Kernelemente, Herausforderungen und diskutierten Lösungsoptionen im künftigen Strommarktdesign kompakt beschreibt und ein Kriterienset zur Bewertung an die Hand geben will.

Austausch- und Diskussionsbedarf

„Extrem wichtig ist dabei auch der enge Austausch mit der Praxis“, betont Dr. Johannes Hilpert, Projektleiter im Bereich Netzinfrastrukturen bei der Stiftung. „Dies gilt nicht nur, aber insbesondere auch im Bereich der Netzentgelte, die derzeit als Ansatzpunkt zur Senkung der Stromkosten, der Erhöhung der Flexibilität und auch der Sendung lokaler Signale im Strommarkt heiß gehandelt werden“. Mit dieser elementaren Thematik beschäftigen wir uns daher in einem eigenen Beitrag in unserem Newsletter.

Strommarktfragen, insbesondere auch in Verbindung mit dem starken Ausbau von Solaranlagen, werden nicht zuletzt auch einen zentralen Bestandteil unserer kommenden 26. Würzburger Gespräche zum Umweltenergierecht „Green Deal – Verteilernetze – Photovoltaikausbau“ ausmachen. Unsere Tagung wollen wir daher auch als Plattform für notwendige Diskussionen zu diesem Themenkomplex mit allen Teilnehmenden nutzen.  Hier werden wir zudem als Teil einer eigenständigen Fokus-Veranstaltung auch die Neugestaltung der Förderlandschaft für erneuerbare Energien im Strommarkt diskutieren.