Der Rechtsrahmen für PV-Strom kommt in Bewegung

Welches Recht für die PV-Stromerzeugung gilt und wie es weiterentwickelt werden könnte, bildet schon seit jeher einen Forschungsschwerpunkt der Stiftung Umweltenergierecht. Spätestens mit dem Kabinettsentwurf zum EEG 2021 vom 23. September 2020 hat auch die politische Diskussion um die künftigen Regeln für die PV-Stromerzeugung weiter an Fahrt aufgenommen.

Im Mittelpunkt steht derzeit die Frage, wie der Umgang mit ausgeförderten Anlagen oder der Eigenversorgung kurzfristig geregelt wird. Gleichzeitig drängen sich auch mittel- und längerfristige Fragen auf, die über die aktuelle Reform des EEG hinausgehen: Welche rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen bestehen für die Einführung von PV-Pflichten auf Gebäudedächern? Wie kann eine räumliche Steuerung von PV-Freiflächenanlagen in Zukunft aussehen, wenn immer mehr Vorhaben außerhalb des EEG realisiert werden?

Regelung zu ausgeförderten Anlagen mit Fragezeichen bei der Eigenversorgung

Betreiber ausgeförderter Anlagen müssen in Zukunft über ein intelligentes Messsystem verfügen, wenn sie ihren überschüssigen Strom einspeisen wollen.

Auf die drängende Problematik, dass das bisherige EEG 2017 nicht ausreichend auf die besondere Situation kleiner ausgeförderter PV-Anlagen ab dem Jahr 2021 eingestellt ist, hatte die Stiftung Umweltenergierecht in einem gemeinsamen Kurzgutachten mit dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) bereits Anfang dieses Jahres hingewiesen. Jetzt soll das EEG 2021 dafür eine Regelung finden. „Es freut uns natürlich, dass der aktuelle Entwurf der Bundesregierung eine Anschlussregelung für ausgeförderte Anlagen enthält“, sagt Daniela Fietze, Mitautorin des Kurzgutachtens.

Mit Blick auf das Thema Eigenversorgung ist diese Freude bei den Juristen der Stiftung Umweltenergierecht allerdings ein wenig getrübt: „Das EU-Recht gibt Eigenversorgern das Recht zur Einspeisung des Überschussstroms. Diese Möglichkeit darf nicht durch unverhältnismäßige Verfahren erschwert werden“, erklärt Dr. Markus Kahles. Gemeint ist damit, dass der Entwurf des EEG 2021 nur dann eine Überschusseinspeisung ermöglicht, wenn die Anlage über ein intelligentes Messsystem verfügt. Es stellt sich daher vor allem für die Betreiber kleiner Anlagen die Frage, ob der Einbau eines solchen Messsystems nicht unverhältnismäßig ist, wenn die Regelung so bleibt. „Es könnte gut sein, dass diese Frage einmal gerichtlich geklärt wird“, prognostiziert Dr. Markus Kahles. Schließlich laufe auch die Umsetzungsfrist der relevanten EU-Richtlinie Mitte 2021 ab.

PV-Pflicht auf Gebäudedächern als zunehmend wichtiges Thema

Auch der PV-Ausbau auf Gebäudedächern rückt stärker in den Fokus. Im Entwurf für das EEG 2021 spiegelt sich dies in der beabsichtigten Einführung von PV-Dachausschreibungen wider. „Wir beobachten aber auch aufmerksam die Entwicklungen in den Bundesländern und Gemeinden, wo zunehmend PV-Pflichten auf Gebäudedächern angekündigt oder eingeführt werden“, schildert Dr. Nils Wegner, Projektleiter bei der Stiftung Umweltenergierecht. Baden-Württemberg und Hamburg seien hier aktuelle Beispiele. „Die bisherige Rechtsprechung zu Solarpflichten ist allerdings spärlich“, ergänzt Carsten von Gneisenau, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projektteam.

Daher arbeitet die Stiftung Umweltenergierecht daran, verfassungsrechtliche Möglichkeiten und Grenzen solcher PV-Pflichten für Gebäudeeigentümer aufzuzeigen. Dr. Markus Kahles blickt dabei auch noch ein wenig weiter in die Zukunft: „Je stärker das Thema in den Mittelpunkt rückt, umso mehr stellt sich auch die Frage, wie sich diese Entwicklungen auf das EEG auswirken und ob am Ende  auch der Bund die Gesetzgebungskompetenz für eine bundesweite PV-Pflicht hätte.“

Räumliche Steuerung von PV-Freiflächenanlagen – im EEG 2021 und darüber hinaus

Freiflächenanlagen werden zunehmend außerhalb des Förderregimes realisiert.

Während das EEG für die Wirtschaftlichkeit von PV-Aufdachanlagen auch weiterhin von zentraler Bedeutung sein wird, zeigt sich bei Freiflächenanlagen zunehmend, dass Vorhaben auch außerhalb des Förderregimes realisiert werden. „Die geplante punktuelle Ausweitung der Flächenkulisse für Freiflächenanlagen im EEG 2021 ist deshalb zwar zu begrüßen, weil damit zusätzliche Standorte für förderbedürftige Freiflächenanlagen geöffnet werden“ so Dr. Nils Wegner. Künftig werde man jedoch verstärkt auch andere Instrumente für eine umweltverträgliche Steuerung von Freiflächenanlagen benötigen. Wurde die Umweltverträglichkeit bislang weitgehend über die Definition der förderfähigen Flächen im EEG sichergestellt, so greift dies dort nicht länger, wo Anlagen außerhalb des Förderregimes realisiert werden.

Im Auftrag des Umweltbundesamtes untersucht die Stiftung Umweltenergierecht gemeinsam mit Bosch & Partner und dem ZSW deshalb die planungsrechtlichen Instrumente zur räumlichen Steuerung von PV-Freiflächenanlagen und nimmt unter die Lupe, wie der bestehende Rechtsrahmen weiterentwickelt werden könnte. Eine umweltverträgliche Steuerung zielt natürlich auch auf Beschränkungen der Flächenkulisse ab. „Umweltverträglichkeit meint aber gerade nicht einseitig Naturschutz,“ betont Dr. Nils Wegner. „Wir suchen einen angemessenen Ausgleich zwischen Natur- und Klimaschutz bei der räumlichen Steuerung von Freiflächenanlagen“.

Links:

ZSW/Stiftung Umweltenergierecht, Analyse der Stromeinspeisung ausgeförderter Photovoltaikanlagen und Optionen einer rechtlichen Ausgestaltung des Weiterbetriebs – Kurzgutachten, Februar 2020,  https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/analyse-der-stromeinspeisung-ausgefoerderter

Papke/Kahles, Neue EU-Regelungen zur Eigenversorgung, Würzburger Berichte Nr. 36 vom 14.12.208, https://stiftung-umweltenergierecht.de/wp-content/uploads/2018/12/Stiftung_Umweltenergierecht_WueBerichte_36_EU-Regelungen_Eigenversorgung.pdf

Projekt: Umweltverträgliche Standortsteuerung von Solar-Freiflächenanlagen (Solarthermie und Photovoltaik), im Auftrag des Umweltbundesamts, https://stiftung-umweltenergierecht.de/projekte/solarthermie-und-photovoltaik/