Stiftung Umweltenergierecht betritt mit Forschung zu Blockchains juristisches Neuland
Viele Akteure in der Energiewelt machen sich derzeit Gedanken um neue digitale Geschäftsmodelle. Besonders im Fokus stehen Peer to Peer-Energiehandelsplattformen, über die Erzeuger und Verbraucher im regionalen Umfeld direkt miteinander in Kontakt treten und Strom handeln können. Die Stiftung Umweltenergierecht befasst sich seit geraumer Zeit mit Rechtsfragen, die sich beim Handel an solchen digitalen Marktplätzen stellen. Für „klassische“ Energieversorgungsunternehmen bietet sich die Möglichkeit, als Plattformbetreiber und Dienstleister in Erscheinung zu treten und den erforderlichen Rahmen für Direktverträge ohne zwischengeschalteten Stromlieferanten bereitzustellen. Da wie bei allen digitalen Transaktionen hohe Verlässlichkeit und Fälschungssicherheit gefragt sind, werden solche Plattformmodelle häufig im Zusammenhang mit Blockchains diskutiert.
Mit Bitcoins ging es los
Die Urmutter aller Blockchains ist die digitale Währung Bitcoin. Das Prinzip der Blockchain hat sich jedoch längst verselbständigt und wird schon seit geraumer Zeit nicht mehr nur für Kryptowährungen herangezogen, sondern als digitale Lösung in den verschiedensten Lebensbereichen diskutiert. Insofern ist auch nicht verwunderlich, dass sich die dynamische Branche der Energieversorgung mit dem Einsatz von Blockchains befasst. Eine Blockchain ist eine Art digitales und dezentrales Buchführungssystem, das nach seiner Konzeption immer mehrere „Transaktions-Blöcke“, die sich gegenseitig bestätigen, zusammenfügt und auf diese Weise Manipulationen verhindern soll.
Auf zu neuen Ufern: Stiftung durchsegelt das Datenschutzrecht
Die Stiftung Umweltenergierecht hat das Thema „Blockchain“ bereits frühzeitig verfolgt und sich im Rahmen der Projekte „NEW 4.0“ und „pebbles“ erste Rechtskenntnisse angeeignet. Wesentliche Ergebnisse zum Einsatz einer Blockchain im Rahmen einer regionalen Energieplattform werden wir im Laufe des Jahres veröffentlichen. Dabei haben wir unter anderem untersucht, ob solche Plattformen als sogenannte „kritische Infrastrukturen“ eingeordnet werden müssen, was einen hohen Aufwand an zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen zur Folge hätte.
Zudem haben wir als vorrangig im Umweltenergierecht beheimatetes Institut juristisches Neuland betreten und uns in die Untiefen des Datenschutzrechts gestürzt. Denn: Gerade die Regelungen der häufig zitierten Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sind auch für Blockchains von besonderer Bedeutung. Diese sieht ein umfassendes Pflichtenprogram vor, soweit es um die Verarbeitung personenbezogener Daten geht. Zentral ist das „Recht auf Löschung bzw. Vergessenwerden“, das dem ursprünglichen Grundprinzip eines Blockchain-Systems mit einer lückenlosen und transparenten Datenspeicherung eigentlich widerspricht und besondere technische Lösungen erfordert. Letzteres ist allein deshalb elementar, da Verstöße gegen die DS-GVO sehr teuer werden können.
Strom braucht ein Label
Die erworbenen Kenntnisse im Bereich des Datenschutzes werden wir in den folgenden Monaten weiter vertiefen: Seit dem 1. April 2020 arbeiten wir in einem weiteren neuen Projekt mit dem Namen „inDEED“ zu Blockchains. Hier werden wir uns gemeinsam mit unseren Projektpartnern etwa mit dem Labeling von Energieflüssen als „Grünstrom“ oder „Regionalstrom“ über Blockchain-Modelle befassen. Viele Gespräche und Diskussionen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass in der Branche ein zunehmendes Bedürfnis besteht, beim Stromverkauf vom „Graustrom“ wegzukommen und Strom mit einer bestimmten Eigenschaft zu versehen. Hier werden wir uns mit rechtlicher Expertise einbringen. Zudem werden wir uns den Bereich des sogenannten „Asset Logging“ näher erschließen. Damit ist die Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von Betriebs-, Wartungs- sowie Instandhaltungsdaten von Anlagen der Energiewirtschaft gemeint. Auch hier begeben wir uns auf bislang unbekanntes Terrain – es bleibt also spannend!