Forschung zu Flächenbereitstellung und Genehmigung von Windenergieanlagen
– ein Werkstattbericht

Das Planungs- und Genehmigungsrecht für Windenergieanlagen ist ein komplexes Themenfeld, das die Stiftung Umweltenergierecht als strategisch wichtiges Teilgebiet des Umweltenergierechts seit ihrer Gründung erforscht. Jetzt, da der Windkraftausbau kaum noch vorankommt, ist es auch in den Fokus der politischen Diskussionen gerückt. Die Einrichtung der AG Akzeptanz der Regierungsfraktionen im Parlament und die Einberufung eines Windgipfels im Bundeswirtschaftsministerium belegen dies mehr als deutlich.

 

Von Genehmigungsstaus, über Flächenmangel bis hin zu Akzeptanzproblemen: Der Windkraftausbau kommt kaum noch voran.

Die Gemengelage ist – wie so häufig – auch hier vielschichtig. Die eine Ursache für die Schwierigkeiten ist genauso wenig auszumachen wie die eine Lösung. Flächenausweisungen für die Windenergie werden nach langjährigen Planungsverfahren
reihenweise von den Gerichten wieder aufgehoben. Zwei Bundesländer reagierten daraufhin bereits mit Moratorien. Waldflächen werden für die Windenergie ausgeschlossen und stehen damit für den weiteren Ausbau nicht mehr zur Verfügung. Genehmigungsverfahren ziehen sich hin, die fachrechtlichen Anforderungen sind hoch. Viele genehmigte Anlagen werden beklagt. Fragen der Akzeptanz rücken mehr und mehr in den Vordergrund. Forderungen über pauschale Abstände zur Wohnbebauung stehen im Raum. Bayern hat sich mit seiner 10-H-Regelung schon 2014 vom Windenergieausbau weitgehend verabschiedet und beansprucht diese Sonderrolle auch weiterhin, während das Klimakabinett für den Rest der Republik pauschale Mindestabstände von 1.000 Metern verankern will.

Diese und weitere Entwicklungen sind Gegenstand mehrerer Forschungsprojekte der Stiftung Umweltenergierecht, in denen verschiedene planungs- und genehmigungsrechtliche Fragen zum Windenergieausbau untersucht werden. Die Forschungsergebnisse geben Orientierung für Politik und Regierung, aber auch für Windenergieanlagenbetreiber. Denn Ideen und Vorschläge kursieren auch aktuell viele, aber die rechtliche Umsetzbarkeit dieser Ansätze steht manchmal auf einem anderen Blatt.

Flächenbereitstellung mit Hindernissen

Einen großen Forschungsschwerpunkt in Würzburg bildet seit jeher das Planungsrecht zur Ausweisung von Windenergieflächen. Wie lässt sich der Windenergieausbau effektiv räumlich steuern? Wie gut sind unsere Instrumente hierfür? Zur Beantwortung dieser Fragen wurden in umfangreichen Untersuchungen sowohl die Fehlerquellen analysiert, an denen Pläne häufig kranken, als auch Möglichkeiten untersucht, diese zu heilen oder für unbeachtlich zu erklären. Die Würzburger Juristen konnten dabei auch aufzeigen, dass es für pauschale Abstandsvorgaben bundesrechtliche Grenzen gibt und die Bundesländer daher nicht unbegrenzt Pauschalabstände regeln können. Würden übergeordnete Mengenziele des Bundes für die Bundesländer hier Raum für mehr Flexibilität in den Ländern schaffen? Die hier bestehenden Abweichungsrechte der Länder im Bereich der Raumordnung könnten jedenfalls einen engen Abstimmungsprozess zwischen dem Bund und den Ländern erfordern.

Artenschutz und Co: Komplexes Fachrecht

Im Fokus der Würzburger Juristen stand im Rahmen eines Expertenworkshops jüngst erst das Thema „Windenergie und Artenschutzrecht“.

Auch auf dem weiten Feld des Genehmigungsrechts werden laufend Untersuchungen durchgeführt, sei es zur Schallberechnung und den neuen LAI-Hinweisen, zur bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung, zu den Fragen der UVP-Prüfung oder zum Artenschutzrecht. So wurde jüngst etwa im Rahmen eines Workshops zum Thema „Windenergie und Artenschutzrecht“ die neueste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeordnet und die rechtlichen Anforderungen an das Tötungsverbot aufgearbeitet. Hier zeigt sich, dass Behörden und teils auch Gerichte immer wieder zu einem Nullrisiko für geschützte Arten tendieren. „Dem hat das Bundesverwaltungsgericht in einer jüngeren Entscheidung aber ausdrücklich widersprochen. Das Artenschutzrecht verlangt gerade keine hundertprozentige Sicherheit, dass Kollisionen vermieden werden“, stellt Forschungsgebietsleiter Frank Sailer klar.

In den politischen Fokus ist neuerdings die artenschutzrechtliche Ausnahme gerückt. Hierzu hatte die Stiftung bereits 2016 die damals noch vorherrschende These untersucht, dass für Windenergieanlagen keine Ausnahme von den Zugriffsverboten möglich sei. Die Untersuchung kam zu einem gegenteiligen Ergebnis, was in der Zwischenzeit auch durch verschiedene Gerichtsentscheidungen bestätigt wurde. Auch bei Windenergieanlagen sind artenschutzrechtliche Ausnahmen möglich, wenngleich die Hürden mitunter hoch sind. Der Handlungsspielraum des Gesetzgebers für die aktuell diskutierte „Ausweitung“ der Ausnahmeregelung ist durch europarechtliche Vorgaben jedenfalls eher gering. Gleiches gilt für die immer wieder geforderte Einschränkung von Klagerechten, die maßgeblich auf europa- und völkerrechtliche Vorgaben zurückgehen. „Hier ist vor allem die Aarhus-Konvention zu beachten. Sie zielt auf eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und einen weiten Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten“, erklärt Dr. Nils Wegner, Projektleiter in der Stiftung Umweltenergierecht.

Ein Problem ist auch immer wieder, dass sich die Genehmigung von Windenergieanlagen auf einen bestimmten Anlagentyp bezieht. Nach langen Genehmigungsdauern können am Markt z. B. effizientere Typen verfügbar sein. Die Möglichkeiten und Grenzen für eine typenunabhängige Genehmigung wurden bereits 2017 in Rahmen eines Workshops der Stiftung beleuchtet. Eine vertiefte Analyse findet nunmehr in einem eigens dafür aufgesetzten Forschungsprojekt zusammen mit der Fachagentur Windenergie an Land statt. Das Projekt wird von der Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und den Bundesländern Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gefördert.

Akzeptanz und kommunale Wertschöpfung im Fokus

Wie können Gemeinden vor Ort finanziell besser beteiligt werden? Die Würzburger Studie Nr. 9 zeigt einen möglichen Weg auf: Die Außenbereichsabgabe.

Früh hat sich die Stiftung auch mit den Themen Akzeptanz und kommunale Wertschöpfung beschäftigt. Zur besseren finanziellen Beteiligung der Gemeinden vor Ort hat die Stiftung Umweltenergierecht einen rechtlich zulässigen und umsetzbaren Weg für eine Außenbereichsabgabe vorgelegt. Zudem wurden verpflichtende Teilhabemodelle, wie in Mecklenburg-Vorpommern, sowie Mechanismen der finanziellen Teilhabe untersucht. In der Praxis werden bereits zahlreiche wirtschaftliche Beteiligungsmodelle umgesetzt, um die Akzeptanz von Windenergievorhaben zu fördern. Entwickelt wurden sie von unterschiedlichen Akteuren – seien es Bürger, Projektentwickler, Stadtwerke oder Banken.

Die Stiftung Umweltenergierecht wird sich auch künftig den planungs- und genehmigungsrechtlichen Fragen beim weiteren Windenergieausbau widmen und diesen Forschungsbereich weiter ausbauen.