Neue Ufer: Forschungsschwerpunkt zum deutsch-französischen Umweltenergierecht
Angesichts der Bedeutung des Umweltenergierechts in Frankreich für die europäische und damit auch für die deutsche Rechtsentwicklung eröffnet die Stiftung Umweltenergierecht einen neuen Forschungsschwerpunkt.
„Make our planet great again“, war die Antwort von Präsident Macron auf die Ankündigung Donald Trumps, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszusteigen. Nicht erst seit diesem Tag ist Frankreich für die Entwicklung des Umweltenergierechts und die Erreichung der Klimaschutzziele ein wichtiger Akteur. Auch vor diesem Hintergrund hat die Stiftung Umweltenergierecht nun einen Forschungsschwerpunkt zum deutsch-französischen Umweltenergierecht etabliert und mit Victoria Roux eine Kollegin gewinnen können, die in der französischen wie deutschen Rechtsordnung zu Hause ist (siehe unten).
„Angesichts der aktuellen Pläne des französischen Präsidenten und der Bedeutung Frankreichs für die Erreichung der Klimaschutzziele wollen wir die Rechtsentwicklung genau verfolgen und verstehen können“, fasst Thorsten Müller, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Umweltenergierecht, die Motive für den neuen Forschungsschwerpunkt zusammen. „Dies ist nur möglich, wenn wir Gesetze und Rechtsprechung unmittelbar, aus erster Hand analysieren und den jeweiligen Kontext erfassen können. Sich allein auf Sekundär- und Tertiärquellen zu verlassen, würde bedeuten, dass wir den Stille-Post-Effekt wissentlich in Kauf nähmen und ein verzerrtes Bild erhielten.“
Vielfältige Anknüpfungspunkte
Daher hat die Stiftung Umweltenergierecht eine entsprechende Stelle geschaffen, um im Zusammenspiel mit den verschiedenen Forschungsgebieten der Stiftung Umweltenergierecht rechtsvergleichende Arbeiten durchzuführen. „Wir sind sehr glücklich, dass wir mit Victoria Roux eine versierte Kollegin für diese Aufgabe begeistern konnten“, freut sich Dr. Hartmut Kahl, LL.M. (Duke), Leiter des Forschungsgebiets Recht der erneuerbaren Energien und Energiewirtschaft. In seinem Forschungsgebiet finden die ersten Arbeiten zum deutsch-französischen Recht statt. „Wir haben uns schon lange mit der Frage des CO2-Preises in Deutschland befasst, unter anderem mit unserer Studie zu den verfassungs- und europarechtlichen Möglichkeiten der Einführung eines solchen Instrumentes in Deutschland. Die Pläne von Präsident Macron für einen ambitionierten CO2-Mindestpreis eröffnen weitere Forschungsfragen“, erläutert Hartmut Kahl.
Doch die Rechtsentwicklung in Frankreich erfasst noch viele weitere Bereiche, von denen die Rechtsentwicklung in Deutschland lernen kann: einen Kohleausstieg, die Abschaltung eines dem deutschen Atomausstieg vergleichbaren Anteils der französischen Atomreaktorkapazitäten (wenn auch deutlich später als es die Vorgängerregierung noch geplant hatte), einen über die bisherigen Ziele in Deutschland hinausgehenden Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Beendigung des Verkaufs von Diesel- und Benzinfahrzeugen. Frankreich hat sich in den letzten Jahren infolge geänderter Gesetze zu einem der wichtigsten Märkte für Wind an Land und PV in der Europäischen Union entwickelt. Besondere rechtliche Herausforderungen ergeben sich zudem aus dem zwischen Deutschland und Frankreich vereinbarten Plan, die Voraussetzungen für die testweise Umsetzung von grenzüberschreitenden Ausschreibungen im Bereich erneuerbare Energien zu erarbeiten.
Europäischer Rechtsrahmen
„Der Rechtsentwicklung in Frankreich kommt auch eine besonders wichtige Bedeutung für die Entwicklung des europäischen Rechtsrahmens zu“, stellt Fabian Pause, LL.M. Eur., Leiter des Forschungsgebiets Europäisches und internationales Umweltenergierecht sowie Rechtsvergleichung, einen weiteren Grund für den neuen Forschungsschwerpunkt heraus. „Nicht nur für die Mehrheitsverhältnisse in Europa, sondern auch als Vorbild ist Frankreich ein wichtiger Faktor in Brüssel.“
Genaue Kenntnisse der Rechtssituation in Frankreich ermöglichen zudem ein noch besseres Verständnis der derzeit laufenden finalen Verhandlungen zwischen EU-Parlament, Rat und Kommission zum EU-Energie-Winterpaket. Und nicht zuletzt werden die dann bis zum Jahr 2030 geltenden neuen europarechtlichen Vorgaben für erneuerbare Energien, Strommarktdesign und Energieeffizienz die Rechtsordnungen in Deutschland und Frankreich grundlegend und nachhaltig verändern. Bei diesem nächsten Schritt voneinander lernen zu können, ist ein weiterer wichtiger Aspekt des deutsch-französischen Umweltenergierechts.
Neue Ansätze entwickeln
Es gibt also mehr als genug Themen- und Arbeitsfelder für den neuen Forschungsschwerpunkt. „Ich freue mich sehr auf diese neue und spannende Aufgabe und die Möglichkeit, in einem dynamischen Rechtsbereich forschen und Ideen für neue Ansätze im deutschen wie im französischen Umweltenergierecht entwickeln zu können“, umschreibt Victoria Roux ihre Motivation für die neue Stelle in Würzburg.
Zur Person: Victoria Roux
Victoria Roux arbeitet seit Januar 2018 als wissenschaftliche Referentin bei der Stiftung Umweltenergierecht. Ihr Arbeitsschwerpunkt ist das Recht der Energiewende in Deutschland und Frankreich. Sie studierte deutsch-französisches Recht an der Universität Paris Nanterre, an der Universität Potsdam und an der Technischen Universität Dresden. Anschließend absolvierte sie den Master-Studiengang „Oil and Gas Law“ an der University of Aberdeen (Schottland) ab. Sie promoviert derzeit in einem bi-nationalen deutsch-französischen Rechtsvergleich an den Universitäten Paris Nanterre und Dresden.
Erste praktische Erfahrungen im Zusammenwirken der Rechtsordnungen von Deutschland und Frankreich sammelte Victoria Roux u.a. in der Rechtsabteilung der Deutsch-Französischen Industrie- und Handelskammer in Paris sowie als Assistentin der deutschen Verbindungsrichterin bei der Abteilung für europäische und internationale Angelegenheiten im französischen Justizministerium in Paris.