Weder Emissionshandel, noch Steuer – CO2-Preis steht auf wackligen Füßen
Mit großer Eile hat die Koalition ihre Entscheidung für einen nationalen Emissionshandel im Verkehrs- und Wärmebereich umgesetzt. Das verfassungsrechtliche Risiko, das mit dem gewählten Modell einhergeht, hat die Stiftung Umweltenergierecht in der Sachverständigenanhörung des Bundestags deutlich aufgezeigt.
Mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) hat die Koalition ein Modell der CO2-Bepreisung gewählt, dem ein hohes Risiko anhaftet, vom Bundesverfassungsgericht gekippt zu werden. Worum geht es? Nach dem neuen Gesetz sollen Brennstoffhändler ab 2021 innerhalb einer fünfjährigen Einführungsphase Zertifikate für das Inverkehrbringen von fossilen Brennstoffen erwerben müssen, deren Preis – wie bei einer Steuer – gesetzlich festgelegt wird. Dabei werden die Zertifikate aber nicht wie beim klassischen Emissionshandel budgetiert, sondern nach Bedarf ausgegeben. Das Problem ist, dass sich dieses Hybridmodell zwischen Emissionshandel und Steuer allen gängigen fiskalischen Handlungsformen und damit auch deren Rechtfertigungsmustern entzieht.
Stiftung Umweltenergierecht zeigt verfassungsrechtliche Fallstricke auf
Darauf hat Thorsten Müller, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung Umweltenergierecht, in der öffentlichen Sachverständigenanhörung des Umweltausschusses zum BEHG am 6. November 2019 im Bundestag hingewiesen: „Die Zahlungen nach dem BEHG genügen weder den Anforderungen an eine Abschöpfungsabgabe, wie beim Emissionshandel, noch den Kriterien an die Gesetzgebungskompetenz einer Verbrauchssteuer. Es handelt sich auch nicht um eine Gebühr. Für die Annahme einer bloßen Übergangsvorschrift hingegen läuft die Einführungsphase mit fünf Jahren wohl zu lang.“
Hohes Haushaltsrisiko bei Rückerstattung
Sollte das Bundesverfassungsgericht früher oder später dazu entscheiden müssen und seine bisherige Rechtsprechung nicht ändern, stünde die Möglichkeit im Raum, dass es nicht nur die Unvereinbarkeit des BEHG mit dem Grundgesetz erklärt, sondern ggf. auch die Rückzahlung der bis dahin geflossenen Zahlungen nach dem Gesetz anordnet. In seiner Entscheidung zur Unzulässigkeit der Kernbrennstoffsteuer im Juni 2017 etwa war dies auch der Fall. Damit stellt das BEHG auch ein großes fiskalisches Risiko dar. Denn wenn all die Einnahmen, die im Rahmen des Klimapakets aus der CO2-Bepreisung finanziert werden sollen, am Ende gar nicht zur Verfügung stehen, reißt dies eine große Lücke in die Haushaltspläne. Deshalb hat die Stiftung Umweltenergierecht alternative Wege der CO2-Bepreisung aufgezeigt, die keinem verfassungsrechtlichen Risiko unterliegen – etwa über eine Fortentwicklung der Energiesteuer, deren Höhe sich nach der CO2-Intensität des Primärenergieträgers richtet.
Im Würzburger Bericht Nr. 45 „Zur verfassungsrechtlichen Einordnung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes“ von Thorsten Müller und Dr. Hartmut Kahl können Sie alle Argumente und Vorschläge der Stiftung Umweltenergierecht nachlesen.