Bitte kein „Zurück auf Los“ – Stiftung Umweltenergierecht forscht zur Vermeidung von Fehlern bei der Umweltverträglichkeitsprüfung von Windenergievorhaben
Weil Windprojektierer immer wieder unsicher sind, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt werden muss, flüchteten sie sich zuletzt vielfach in die „freiwillige UVP“. Wo die UVP aber eigentlich gar nicht erforderlich ist, werden die Zulassungsverfahren dadurch in die Länge gezogen und unnötige Kosten verursacht. Die Stiftung Umweltenergierecht will mit ihren Arbeiten zu mehr Rechtssicherheit beitragen und helfen, die Zulassungsverfahren zu beschleunigen.
Bei der Umweltverträglichkeitsprüfung handelt es sich um reines Verfahrensrecht. Anders als das Natur- und Artenschutzrecht mit seinen inhaltlichen Bewertungsmaßstäben ist es für die Gewichtung lokaler Umweltbelange bei der Zulassung von Windenergieanlagen ohne Einfluss. Ziel des europarechtlich vorgegebenen Instruments – dort als Environmental Impact Assessment (EIA) bezeichnet – ist es vielmehr sicherzustellen, dass die betroffenen Umweltbelange überhaupt erst umfassend ermittelt und bewertet werden. Ansonsten, so die Annahme, laufe das Fachrecht vielfach leer: Wenn die Umweltauswirkungen eines Vorhabens zunächst nicht umfassend ermittelt werden, kann man sie auch nicht anhand der inhaltlichen Maßstäbe des Fachrechts bewerten. So gesehen ist gerade die Umweltverträglichkeitsprüfung Garant dafür, dass die Umweltgüter effektiv geschützt werden.
Ignorieren war gestern
In Deutschland hat man sich mit dem Konzept der UVP lange Zeit schwergetan (und tut es mitunter auch heute noch). Verfahrensfehler hatten zunächst nur selten Folgen für die Vorhabenträger. Dies hat sich jedoch mittlerweile fundamental geändert: Seit der deutsche Gesetzgeber auf internationalen Druck hin den Rechtsschutz von Verbänden und Bürgern gegen Fehler in UVP und UVP-Vorprüfung gestärkt hat, haben Projektierer die Bedeutung dieses Rechtsgebietes klar vor Augen. Im schlimmsten Fall können Fehler zur Aufhebung von Genehmigungen führen. Dann heißt es: Bitte zurück auf Los! Und auch in weniger gravierenden Fällen führt das aufwändige Nachholen von Verfahrensschritten zu erheblichen Verzögerungen.
Unfreiwillige Flucht in die „freiwillige UVP“
Fehler zu vermeiden ist jedoch nach wie vor nicht einfach. Trotz einzelner Nachbesserungen des Gesetzgebers und unzähliger Gerichtsentscheidungen herrscht auch weiterhin in vielen Bereichen Unsicherheit. Dies gilt für die Abgrenzung des maßgeblichen Untersuchungsgegenstands – die Windfarm – genauso wie für die Bewertung möglicher Umweltauswirkungen als „erheblich“ am Ende einer Vorprüfung (und damit die Feststellung einer UVP-Pflicht). Projektierer wollten in Zweifelsfällen deshalb nicht mehr das Risiko eingehen, in späteren Gerichtsverfahren über Fehler in der UVP-Vorprüfung bzw. das Unterlassen einer notwendigen UVP zu stolpern. Um sich abzusichern, beantragten sie deshalb in vielen Fällen von sich aus eine „freiwillige UVP“ – ob notwendig oder nicht.
Wenn`s der Wahrheitsfindung dient – und`s den Aufwand lohnt
Im Sinne des Erfinders ist dies freilich nicht. Der Gesetzgeber sieht für Windenergieanlagen bewusst ein gestuftes System vor. Die unbedingte UVP-Pflicht kennt das Recht nur für große Windfarmen. Unterhalb der Schwelle von 20 Anlagen soll sie dagegen gerade nicht der Regelfall sein. Damit diese Systematik auch wieder in der Praxis Anwendung findet, arbeitet die Stiftung Umweltenergierecht daran, Unsicherheiten in der Rechtsanwendung abzubauen.
Im Rahmen des durch das Bundeswirtschaftsministerium geförderten Vorhabens NeuPlan Wind haben wir bereits der Novelle des UVP-Gesetzes einen Workshop gewidmet. In diesem Jahr wollen wir daran anknüpfen und in einem weiteren Workshop auf die ersten Erfahrungen mit den neuen Regelungen schauen. Welche Rechtsfragen stellen sich heute? Welche Lösungen sind denkbar? Nähere Informationen dazu finden Sie auf unserer Veranstaltungsseite.
Parallel arbeitet das Infrastrukturteam der Stiftung Umweltenergierecht an der Systematisierung und Aufbereitung der Rechtsprechung für die Praxis von Projektierern, Behörden und Gerichten. Damit leisten wir einen Beitrag dazu, dass künftig Umweltverträglichkeitsprüfungen nur noch dort durchgeführt werden, wo sie auch erforderlich sind und dort vermieden werden, wo sie nach der gesetzgeberischen Entscheidung unterbleiben können. Klares Ziel dabei: Die Zulassung von Windenergieanlagen beschleunigen.