Elektromobile als Speicher für die Energiewende – ein Werkstattbericht
Die Transformation des Energiesystems auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität erfordert nicht nur einen massiven Zubau erneuerbarer Erzeugungskapazitäten. Darüber hinaus ist auch ein umfassender Netzausbau sowie ein zunehmend flexibles Einspeise- und Verbrauchsverhalten erforderlich. Der Hochlauf der Elektromobilität bietet gleichermaßen Herausforderungen und Chancen: Herausforderungen aufgrund eines perspektivisch starken Zuwachses an neuen Verbrauchsanlagen, Chancen aufgrund des großen Potentials an neuen Flexibilitäten. Ein Ansatz erhöht das Flexibilitätspotenzial zusätzlich: Ladepunkte können bidirektional eingesetzt werden, das heißt Strom aus dem Fahrzeug wieder in das Netz oder die Hausanlage zurückspeisen. Doch wie sind diese neuen Möglichkeiten rechtlich zu beurteilen?
Derzeit forschen Juristinnen und Juristen der Stiftung Umweltenergierecht im Verbundprojekt „unIT-e² – Reallabor für verNETZte E-Mobilität“ an den Rechtsfragen des bidirektionalen Ladens. Dabei zeigt sich bereits, dass noch einige rechtliche und praktische Hürden zu überwinden sind, bevor ein breiter Einsatz von Elektromobilen als Speicher realistisch erscheint.
Hier sind zunächst verschiedene Konstellationen zu unterscheiden, je nachdem, ob der Strom aus dem Netz geladen wird oder aus einer Erzeugungsanlage hinter dem Netzverknüpfungspunkt stammt. Überprüft werden muss zudem, ob der Strom nach der Zwischenspeicherung im Fahrzeug hinter dem Netzverknüpfungspunkt genutzt werden soll oder wieder in das Netz zurückgespeist wird. Die gängige Unterscheidung zwischen „Vehicle-to-Grid“ (Einspeisen in das Netz) und „Vehicle-to-Home“ (Einspeisen im Gebäude) ist zwar anschaulich, genügt jedoch nicht, um alle Konstellationen juristisch sauber zu erfassen.
Was passiert mit EEG-gefördertem Strom?
Die relevanten Rechtsfragen unterscheiden sich für verschiedene Konstellationen zum Teil deutlich. Um hier nur einige Beispiele zu nennen: Soll der Strom aus dem Netz bezogen werden, ist eine Befassung mit den Strompreisbestandteilen relevant. Soll der Strom auch wieder in das Netz eingespeist werden, sind Fragen im Bereich der Netznutzung, der Bilanzierung und der Lieferantenstellung zu klären. Kommt der Strom aus einer eigenen EEG-geförderten Erzeugungsanlage, stellt sich die Frage, wie sich das bidirektionale Laden auf die EEG-Vergütung auswirkt. Besteht sogar die Gefahr, dass der EEG-Strom ohne entsprechende messtechnische Abgrenzung seine Förderbarkeit verliert?
„Wir stecken gerade mitten in der Untersuchungsphase, aber es zeigen sich bereits jetzt viele spannende Rechtsfragen, die wir mit einer eigenen Würzburger Studie aufgreifen wollen“, beschreibt Dr. Johannes Hilpert, Projektleiter im Forschungsgebiet Erneuerbare Energien und Energiewirtschaft, den aktuellen Stand.
Stehen mobile Speicher schlechter da als stationäre?
„Wir konnten bereits analysieren, dass im Bereich der Strompreisbestandteile Privilegierungsregelungen weitgehend nur für stationäre Speicher gewährt werden – in der Folge können sie nicht auf mobile Speicher übertragen werden“, berichtet Anna Papke, Wissenschaftliche Referentin im Forschungsgebiet Erneuerbare Energien und Energiewirtschaft, die in der Stiftung und im Rahmen von unIT-e² den Bereich der Stromspeicherung verantwortet.
Eine Ausnahme bildet hierzu jedoch § 21 Energiefinanzierungsgesetz (EnFG), wonach für KWK-Umlage, Offshore-Netzumlage und im Ergebnis auch die StromNEV-Umlage eine spezielle Saldierungsmethode angewandt wird, die die Stromspeicherung privilegiert, soweit innerhalb eines Kalenderjahres eine Rückspeisung erfolgt. Diese Vorschrift erstreckt sich explizit auch auf Ladepunkte für Elektromobile. Hier werden also stationäre und mobile Speicher gleichermaßen privilegiert, indem der zwischengespeicherte Strom von den Umlagen befreit wird.
Austausch mit der Praxis
Die Stiftung Umweltenergierecht befasst sich im Projekt unIT-e² mit der ganzheitlichen Integration der Elektromobilität in das Energieversorgungssystem. In dem groß angelegten Forschungsprojekt ist eine Vielzahl an Forschungsinstituten und Praxispartnern aus allen Teilen der Wertschöpfungskette in den Bereichen Energieversorgung und Elektromobilität vertreten. „Wir leiten im Projekt die Arbeitsgemeinschaft Recht und geben so einerseits rechtliche Einschätzungen an unsere Partner weiter, andererseits profitieren wir vom Austausch mit der Praxis und können so frühzeitig die relevanten Rechtsfragen herausfiltern und bearbeiten – dies betrifft aktuell eben besonders den Bereich des bidirektionalen Ladens“, so Johannes Hilpert.
„Derzeit nutzen wir alle Kanäle, die das Projekt bereitstellt, um uns mit der Praxis und auch der Begleitforschung ‚Elektro-Mobil‘ auszutauschen. Im nächsten Schritt werden wir dann unsere rechtlichen Einschätzungen weiter präzisieren und die Studie zum bidirektionalen Laden fertig stellen“, beschreibt Anna Papke das weitere Vorgehen. Geplant ist, die Studie noch in diesem Jahr zu veröffentlichen.