Handel mit Hindernissen
Die Stiftung Umweltenergierecht befasst sich schon seit geraumer Zeit projektübergreifend mit regionalen Energieplattformen und der Einbindung der Blockchain-Technologie. Nun wurde im Rahmen des Projektes „pebbles“ ein Rechtsgutachten veröffentlicht. Die Quintessenz: Schon heute können Peer-to-Peer-Energieplattformen umgesetzt werden, der Rechtsrahmen legt den Beteiligten aber noch viele Steine in den Weg.
„Wir freuen uns, dass wir der Öffentlichkeit nun eine umfassende rechtliche Einschätzung zu regionalen Energieplattformen präsentieren können“, so Projektleiter Dr. Johannes Hilpert. Zwar wurden einzelne Aspekte schon in Aufsätzen und Papers thematisiert, „wir bieten aber erstmals eine gebündelte Zusammenschau aller wesentlichen Aspekte.“
Aber worum geht es eigentlich genau? „Das Interesse, grünen Strom im regionalen Umfeld unmittelbar zwischen Erzeuger und Verbraucher handelbar zu machen, wird immer größer. Man spricht in diesem Zusammenhang von Peer-to-Peer-Geschäften“, fasst Daniela Fietze die wichtigsten Aspekte zusammen. Werde der Strom im Wesentlichen dort erzeugt, wo er auch genutzt wird, sinke der Bedarf an Netzausbau. Zudem kann es für die Akzeptanz der Energiewende förderlich sein, wenn Strom nicht einfach Graustrom ist, sondern eine Eigenschaft („Grünstrom“) und ein Gesicht („Nachbar Maier“) bekommt.
Nicht verboten, aber auch nicht umsetzbar?
Wie die Studie zeigt, ist die Einrichtung einer regionalen, Blockchain-basierten Energieplattform aus rechtlicher Sicht zwar schon heute erlaubt, es gibt jedoch zahlreiche Hürden, die einer praktischen Umsetzung im Weg stehen. Rasche und häufige Lieferantenwechsel, die für ein Energieplattform-Modell wesensprägend sind, können im derzeitigen Rechtsrahmen etwa aufgrund bestimmter Meldepflichten kaum rechtssicher abgebildet werden. Hinzu kommt, dass Strom aus EEG-geförderten Anlagen nicht als „Grünstrom“ vermarktet werden darf, da sonst gegen das sogenannte „Doppelvermarktungsverbot“ verstoßen wird. Dieses sieht vor, dass die grüne Eigenschaft des geförderten Stromes nicht mehrfach verwertet werden darf. „Für geförderte Anlagen bleibt damit nach dem EEG nur die Möglichkeit, ihren Strom als Graustrom zu vermarkten, das widerspricht aber gerade dem Grundgedanken einer regionalen Plattform“, bringt es Anna Papke auf den Punkt.
Für Stromerzeuger haben regionale Energieplattformen also ihre Haken. Wie sieht es auf Seiten der Verbraucher aus? „Große Anreize für Letztverbraucher bestehen aktuell nicht. Die sogenannten staatlich induzierten Strompreisbestandteile sehen kaum Vorteile für regionale und flexible Strombezüge vor“, so Oliver Antoni. Auch haben Netzbetreiber derzeit keine Möglichkeit, eigenständig netzdienliches Verbrauchsverhalten durch Vergünstigungen beim Netzentgelt zu belohnen. Das bedeutet: Auch wenn sich ein Netznutzer aus Sicht der Netzbetreiber „vorteilhaft“ verhält, darf dies nicht finanziell vergütet werden. Weitere Hürden bestehen etwa in den Bereichen Datensicherheit und Datenschutz. „Die teils strengen Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sind nur dadurch in den Griff zu bekommen, dass eine passende technische und konzeptionelle Gestaltung der regionalen Plattformen erarbeitet wird“, so Dr. Maximilian Wimmer.
„Pebbles“ zeigt, was möglich ist.
Ist also alles schlecht? „Keineswegs“, wirft Dr. Johannes Hilpert ein, „die Forschungen im Rahmen von ‚pebbles‘ zeigen gerade, welch großes Potenzial regionale Energieplattformen haben können. Unsere Projektpartner Fraunhofer-FIT, Allgäuer Überlandwerke, Allgäu Netz, Siemens und Hochschule Kempten arbeiten intensiv an einer bereits heute umsetzbaren und praktisch einsetzbaren Form eines ‚Lokalen Energiemarktes‘. Unsere rechtlichen Erkenntnisse fließen dabei in das Plattformdesign ein.“ Zur Weiterentwicklung des Rechtsrahmens werden wir darüber hinaus gemeinsame Handlungsempfehlungen an die Politik ausarbeiten, die demnächst gesondert veröffentlicht werden. Zudem werden wir in den kommenden Monaten mit Spannung darauf schauen, inwieweit der deutsche Gesetzgeber Impulse aus dem „EU-Winterpaket“ für sogenannte „Prosumer“ und sonstige „aktive Kunden“ in deutsches Recht gießt. Wir bleiben also auch weiterhin am Thema dran!
Das Projekt „Peer-to-Peer-Handel auf Basis von Blockchains“ (kurz: pebbles) wird mit den Projektpartnern Fraunhofer-FIT, Allgäuer Überlandwerke, Allgäu Netz, Siemens und der Hochschule Kempten umgesetzt. Das Gutachten (Würzburger Studie zum Umweltenergierecht Nr. 16) zum gemeinsamen Projekt kann über die Homepage der Stiftung Umweltenergierecht kostenfrei heruntergeladen werden.