Startschuss für eine bundesweite Wärmeplanung
Der Bundestag hat am 17. November 2023 das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz/WPG) beschlossen. Aus unserer Sicht kann das WPG einen wichtigen Beitrag für die Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien sowie für den Ausbau und die Dekarbonisierung der Wärmenetze leisten. Ein Dämpfer könnte allerdings die weitgehende Unverbindlichkeit der Wärmepläne sein.
Mit dem Wärmeplanungsgesetz, das zum 1. Januar 2024 in Kraft treten wird, schafft der Bundesgesetzgeber die gesetzlichen Grundlagen für die verbindliche Einführung einer flächendeckenden Wärmeplanung durch die Länder sowie einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen für deren Durchführung. Außerdem sieht das WPG Regelungen für den Ausbau und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung vor.
Einheitlicher Rechtsrahmen für eine flächendeckende Wärmeplanung
Die zentrale Regelung des WPG ist eine Verpflichtung der Bundesländer, für die Aufstellung von flächendeckenden Wärmeplänen in ihrem Hoheitsgebiet Sorge zu tragen. Die Pläne sind spätestens bis zum Ablauf des 30. Juni 2026 für Gemeindegebiete mit mehr als 100.000 Einwohnern bzw. bis zum 30. Juni 2028 für alle übrigen Gemeindegebiete zu erstellen. Bei der landesrechtlichen Umsetzung bestimmen die Länder dann die dafür zuständigen planungsverantwortlichen Stellen. Das WPG regelt des Weiteren ausführlich, wie die planungsverantwortliche Stelle, in der Regel werden das die Gemeinden sein, die Wärmeplanung durchzuführen hat und welche Inhalte der Wärmeplan als Ergebnis dieses Verfahrens beinhalten muss.
Da einige Gemeinden bereits mit der Wärmeplanung begonnen haben, werden auch die Auswirkungen des neuen WPG auf bestehende oder aktuell im Entstehen befindliche Wärmepläne normiert: Diese sollen im Ergebnis weitestgehend durch das WPG anerkannt werden. Die neuen bundesgesetzlichen Vorgaben müssen erst im Rahmen einer Fortschreibung der bestehenden Wärmepläne beachtet werden. In einem aktuellen Beitrag der Stiftung Umweltenergierecht wird ein Überblick über die wesentlichen Regelungen des WPG gegeben.
Rechtliche (Un-)Verbindlichkeit der Wärmepläne?
Der Beitrag befasst sich auch mit der Frage nach der rechtlichen Verbindlichkeit von Wärmeplänen. Denn die Wärmeplanung stellt nach dem WPG ein strategisches Planungsinstrument mit rein informatorischem Gehalt und ohne unmittelbare Rechtswirkungen dar. Wärmepläne als solche begründen deshalb weder für staatliche Stellen noch für private Dritte Rechte oder Pflichten, etwa hinsichtlich der Nutzung oder Bereitstellung bestimmter Wärmeversorgungen. Dennoch ergeben sich zum Teil mittelbare Rechtswirkungen für die Verwaltung sowie Betreiber eines Energieversorgungs- oder Wärmenetzes: So sind die Darstellungen in Wärmeplänen etwa bei der Aufstellung der Bauleitpläne und von Betreibern eines Energieversorgungs- oder Wärmenetzes zu berücksichtigen.
Der eigenständigen – von der Wärmeplanung zu differenzierenden – Ausweisungsentscheidung, mit der die planungsverantwortliche Stelle nach eigenem Ermessen ein Wärmenetz- oder Wasserstoffnetzgebiet ausweisen kann, kommt hingegen eine unmittelbare rechtliche Außenwirkung zu. Denn durch diese wird die 65-Prozent-EE-Pflicht des novellierten Gebäudeenergiegesetzes (GEG) einen Monat nach deren Bekanntgabe (vorzeitig) ausgelöst. Aber auch eine Ausweisungsentscheidung bewirkt keine Pflicht, eine bestimmte Wärmeversorgungsart tatsächlich zu nutzen oder eine bestimmte Wärmeinfrastruktur bereitzustellen.
„Aufgrund der weitgehend rechtlichen Unverbindlichkeit der Wärmepläne werden die verschiedenen Instrumente zur Umsetzung der Wärmeplanung umso bedeutender sein“, so Svenja Henschel, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Umweltenergierecht. Hierzu forscht die Stiftung Umweltenergierecht bereits im Rahmen des Vorhabens „Instrumente zur Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung – Integrierte Entwicklung ordnungsrechtlicher, prozess- und maßnahmenbezogener Lösungsansätze für die kommunale Wärmewende (KoWaP-Pro)“.
Schrittweise Dekarbonisierung der Wärmenetze
Die verbindlichen Vorgaben für den Energiemix in Wärmenetzen, die ebenfalls mit dem WPG adressiert werden, stellen trotz einer gewissen Abschwächung im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens einen wichtigen Schritt für die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung dar. Danach müssen alle Wärmenetze ab dem 1. Januar 2030 gesetzlich verpflichtet zu einem Anteil von mindestens 30 Prozent und ab dem 1. Januar 2040 mindestens zu 80 Prozent mit Wärme aus erneuerbaren Energien und/oder unvermeidbarer Abwärme gespeist werden.
Für neue Wärmenetze wird ab dem 1. März 2025 ein Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien und/oder Abwärme verlangt. Dies entspricht den Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes, sodass ein einheitlicher Standard für neue Wärmenetze etabliert wird. Korrespondierend zu diesen ordnungsrechtlichen Pflichten sieht § 2 WPG staatliche Zielvorgaben für den Ausbau und die Dekarbonisierung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung vor.
Bei der Umsetzung sind nun die Länder am Zug
Nach Inkrafttreten des WPG zum 1. Januar 2024 liegt der Ball nun bei den Ländern, die die Regelungen zur Wärmeplanung landesrechtlich umsetzen müssen. Die konkreten Umsetzungspflichten sowie die verbleibenden Regelungsspielräume der Länder hat die Stiftung Umweltenergierecht in einem Webinar im November 2023 näher betrachtet.
Insbesondere müssen die Länder jetzt die planungsverantwortlichen Stellen bestimmen und diese zur Erstellung von Wärmeplänen nach Maßgabe des WPG verpflichten. Außerdem müssen die Länder entscheiden, ob und inwieweit sie von den im WPG enthaltenen Länderöffnungsklauseln Gebrauch machen und beispielsweise ein vereinfachtes Verfahren für kleinere Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern oder ein sogenanntes Konvoi-Verfahren für mehrere Gemeindegebiete vorsehen. Svenja Henschel zieht ein erstes Fazit: „Das WPG ist nur ein erster, aber zugleich wichtiger Schritt in Richtung Wärmewende. Wir werden die weiteren Entwicklungen auch in Zukunft eng begleiten und aufbereiten.“