Mit klug gestaltetem Recht besseren Klimaschutz erzielen
Das Klimaschutzgesetz des Bundes ist das zentrale Element der deutschen Klimaschutz-Governance. Die Frage, wie das Klimaschutzgesetz ausgestaltet sein muss, um die Klimaschutzpolitik möglichst effektiv zu steuern, hat daher enorme Bedeutung. Zugleich muss darauf geachtet werden, dass das Klimaschutzgesetz verfassungsrechtliche Anforderungen erfüllt und eine funktionierende Verbindung zu europäischen und internationalen Regelungen herstellt. Mit diesen Fragen hat sich die Stiftung Umweltenergierecht dieses Jahr in verschiedenen Beiträgen auseinandergesetzt.
Es war ein Paukenschlag: Im März dieses Jahres entschied das Bundesverfassungsgericht, dass das erst 2019 in Kraft getretene Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) teilweise verfassungswidrig ist. Laut Verfassung müsse Klimaneutralität erreicht werden – das KSG leiste aber nicht genug, den Übergang zur Klimaneutralität grundrechtsschonend anzuleiten. Eine erste Einordnung des Beschlusses nahm die Stiftung Umweltenergierecht in einem Webinar vor. „Das Gericht macht klar: Klimaschutz ist Staatsziel – nicht irgendwann, sondern jetzt“, kommentiert Dr. Hartmut Kahl, der den Beschluss auch in einer Anmerkung in der Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft bespricht.
Der Gesetzgeber reagierte schnell: Bereits im Juni 2021 wurde das KSG novelliert; insbesondere der Emissionsreduktionspfad ab 2031 durch gesetzgeberische Vorgaben konkretisiert. Inwiefern die Novelle den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspricht, haben Thorsten Müller, Daniela Fietze und Hannah Scheuing in einer Stellungnahme für den deutschen Bundestag und einem Beitrag für die Zeitschrift „Energierecht“ untersucht. Ihr Ergebnis: Der Gesetzgeber hat zwar seine verfassungsrechtlichen Hausaufgaben erledigt. Er hat aber die Gelegenheit verpasst, das KSG als Steuerungsinstrument für die Klimaschutzpolitik zu verbessern.
Das Klimaschutzgesetz als effektives Steuerungsinstrument weiterentwickeln
Denn der erste Durchlauf des Kontroll- und Nachsteuerungsmechanismus des KSG hat deutliches Verbesserungspotential aufgezeigt. „Bisher erfolgt die Erfolgskontrolle im Klimaschutzgesetz über die Messung von Emissionen in den einzelnen Sektoren. Im Fall einer Zielverfehlung muss die Bundesregierung nachsteuern. Das ist nicht grundsätzlich verkehrt. Aber: Das Klimaschutzgesetz sollte um sektorspezifische „Frühindikatoren“ ergänzt werden. Das wären Kennzahlen, die Zwischenschritte und vorbereitende Maßnahmen der Transition zur Klimaneutralität abbilden. Ein solches zusätzliches Steuerungs- und Kontrollelement würde die Wirksamkeit des Gesetzes deutlich steigern“, fasst Daniela Fietze die Ergebnisse eines Beitrags der Stiftung gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) zusammen. Dass das KSG zudem zu wenig mit den zur Erreichung der Klimaschutzziele notwendigen Einzelgesetzen, wie dem EEG 2021, verbunden ist, haben Hannah Scheuing und Thorsten Müller im Auftrag des Umweltbundesamts herausgearbeitet.
Ausblick
Die Debatte um die richtige Ausgestaltung des KSG hat erst begonnen. Bereits heute ist absehbar, dass aus der EU Impulse kommen werden, die eine erneute Anpassung des KSG erfordern oder zumindest sinnvoll erscheinen lassen. Insbesondere sollten die Regulierungsebenen besser aufeinander abgestimmt werden. Auch im Koalitionsvertrag der „Ampel“ ist das KSG Thema: Es soll schon im nächsten Jahr „konsequent weiterentwickelt“ werden. Daneben rücken Governance-Fragen außerhalb des Klimaschutzgesetzes – wie die nach einer geeigneten Behördenarchitektur – zunehmend in den Fokus. Der Aufgabenzettel der Stiftung Umweltenergierecht für die kommenden Monate ist daher voll und wir versprechen: Es bleibt spannend!