Vertiefte Forschung zum Planungs- und Genehmigungsrecht für Windenergieanlagen

Der weitere Ausbau der Windenergie an Land stellt gerade das Planungs- und Genehmigungsrecht vor große Herausforderungen und hält eine Vielzahl neuer und noch ungelöster Rechtsfragen bereit. Mit diesen offenen Fragen beschäftigen sich die Rechtswissenschaftler der Stiftung im Rahmen des kürzlich gestarteten Projekts „NeuPlan Wind“. „Mit unserer Forschungsarbeit wollen wir dazu beitragen, die Flächenausweisung für die Windenergie zu erleichtern, eine vorausschauende und rechtssichere Planung zu unterstützen und rechtliche Spielräume aufzuzeigen“, beschreibt Projektleiter Frank Sailer das Ziel.

Ausweisung von Flächen

Die bestehenden Unklarheiten beginnen bereits auf Planungsebene, wenn es darum geht, Flächen für die Windenergie auszuweisen.

Mit dem neuen Projekt zur Windenergie an Land trägt die Stiftung zur vorausschauenden und rechtssicheren Planung bei.

An die Konzentrationszonenplanung – also die Bündelung von Windenergieanlagen auf bestimmte Flächen – hat die Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt. Wie können weitere Flächen hier künftig rechtssicher ausgewiesen werden? Was motiviert Planungsträger, in weiteren Planungsrunden zusätzliche Flächen auszuweisen, wenn die Anforderung des sog. „Substanziell-Raum-Verschaffens“ für den Windenergieausbau mehr und mehr an Bedeutung verlieren wird? Wie kann mit den langjährigen Planungsverfahren und Planungszyklen umgegangen werden?

 

Planungsebene und Ausschreibung

Auch die Einführung von Ausschreibungen wirft in diesem Zusammenhang für die Planungsebene neue Fragen auf. Die Windenergie ist zwar gesetzgeberisch dem Außenbereich zugewiesen – es handelt sich um sog. privilegierte Vorhaben. Ihr muss aber planungsrechtlich nicht die bestmögliche Fläche zur Verfügung gestellt werden, die Flächenauswahl ist vielmehr Ergebnis einer umfangreichen Abwägung verschiedenster Belange und Interessen. Resultat können Flächen mit entsprechend geringeren Windverhältnissen oder auch bestimmten Höhenbegrenzungen sein. Durch die im Mai 2017 für die Windenergie eingeführten Ausschreibungen müssen sich diese Standorte erst einmal in den Ausschreibungsverfahren durchsetzen. Der Windertrag an einem Standort rückt daher noch stärker als bislang in den Vordergrund. Die Stiftung widmet sich daher in diesem Zusammenhang den Fragen: Wie geht man mit solchen Entwicklungen auf Planungsebene um? Verschiebt dies gar die bisherigen Grenzen einer Verhinderungsplanung? Welche Erfordernisse braucht ein erfolgreiches Repowering?

Auch Genehmigungsrecht im Fokus

Auf Genehmigungsebene brauchen Windenergieanlagen üblicherweise eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist das entsprechende Fachrecht zu prüfen. Auch hier können sich zahlreiche Rechtsfragen stellen, vom Natur- und Artenschutz über Immissionsschutz und Luftverkehrssicherheit bis hin zum Bauordnungsrecht und diversen Abstandsvorgaben. Wie sieht es mit dem Geräuschverhalten von Windenergieanlagen aus und nach welchen Kriterien wird es gemessen? Kann ein Repowering eine Chance zur Lärmsanierung bieten? Wann ist von einer optisch bedrängenden Wirkung auszugehen? Mit dem weiteren Ausbau der Windenergie treten zudem immer wieder neue Konfliktlagen hinzu (z. B. Wetterradar, seismologische Belange).

Windkraft und Rotmilan: Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens können sich auch Rechtsfragen zum Artenschutz stellen.

Die tatsächliche Realisierung der auf Planungsebene ausgewiesenen Flächen zeigt sich im Einzelfall daher häufig erst auf Genehmigungsebene. „Hier kann die planerische Flächenbereitstellung mitunter auch konterkariert werden“, gibt Projektmitarbeiter Nils Wegner zu bedenken. Zudem könne die Planungs- und die Genehmigungsebene zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, etwa bei der Beurteilung des Denkmalschutzes. Die Würzburger Rechtswissenschaftler prüfen daher, wie die verschiedenen Ebenen miteinander verknüpft sind und erarbeiten, wie sie sich besser verzahnen lassen.

Verfahrensrecht und Rechtschutz

Schließlich spielen auch Verfahrensfragen und der Rechtschutz auf beiden Ebenen eine wichtige Rolle. So zeigt sich seit geraumer Zeit ein deutlicher Bedeutungsgewinn des Verfahrensrechts, sei es bei den methodischen Vorgaben für die Durchführung von Konzentrationszonenplanungen oder bei der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens. Auch auf Rechtschutzebene ist einiges in Bewegung. Die Rechtschutzmöglichkeiten wurden jüngst nochmals erweitert und das Umweltrechtsbehelfsgesetz ein weiteres Mal geändert. Schließlich standen sogar die Präklusionsvorschriften auf dem Prüfstand des Europäischen Gerichtshofs. „Wir nehmen daher auch die künftigen Entwicklungen in den Blick, um ihre Bedeutung für den weiteren Ausbau der Windenergie zu ermitteln“, erläutert Frank Sailer die Relevanz der Forschungsarbeit.

Forschungsprojekt NeuPlan Wind

Planung, Genehmigung und Förderung der Windenergie standen bislang schon im Fokus verschiedener Forschungsprojekte der Stiftung Umweltenergierecht. Den vielfältigen Fragen zum Planungs- und Genehmigungsrecht von Windenergieanlagen wird die Stiftung in den nächsten drei Jahren weiter nachgehen. Ermöglicht wird dies durch das vom Bundeswirtschaftsministerium über eine Zuwendung geförderte Projekt „Rechtliche Analyse neuer Herausforderungen für das Planungs- und Genehmigungsrecht bei der Flächenbereitstellung und -realisierung für den Ausbau der Windenergie an Land“ (NeuPlan Wind). Hierdurch sollen Rechtsfragen im praktischen Umgang mit der Flächenausweisung zielgerichtet untersucht, neue sowie bestehende Unsicherheiten gemindert und eine vorausschauende und rechtssichere Planung von Flächen für die Windenergie unterstützt werden. Auch im Hinblick auf die Flächenrealisierung auf Genehmigungsebene soll über das Projekt damit ein Beitrag zu mehr Rechtssicherheit und Praktikabilität geleistet werden.

 


Was bedeutet Konzentrationszonenplanung?

Bei einer Konzentrationszonenplanung wird die Windenergie auf bestimmte Flächen „konzentriert“ und die übrigen Flächen für die Windenergie ausgeschlossen (meist über 98 Prozent der Gesamtfläche). Aufgrund der Privilegierung der Windenergie im Außenbereich lässt sich ein solcher Ausschluss jedoch nur rechtfertigen, wenn der Plan sicherstellt, dass sich die Windenergie innerhalb der Konzentrationszone gegenüber konkurrierenden Nutzungen auch durchsetzt. Dagegen ist eine bloße „Feigenblatt“-Planung, die auf eine verkappte Verhinderungsplanung hinausläuft, unzulässig. Die Planer müssen für die Windenergienutzung „in substanzieller Weise“ Raum schaffen. Dies kann aber nicht abstrakt bestimmt, sondern erst nach Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum beurteilt werden.


 

>>> https://stiftung-umweltenergierecht.de/projekte/neuplan-wind/

Bundesministerum für Wirtschaft und Energie