Ein Meilenstein für die Stiftung Umweltenergierecht

Mit dem Startschuss für die institutionelle Förderung brechen für die Stiftung Umweltenergierecht aufregende Zeiten an. Die Förderung sorgt nicht nur für eine dauerhaft stabile finanzielle Basis, sondern ermöglicht auch eine Ausweitung der Forschungsarbeit. Im Interview erklärt Prof. Dr. Thorsten Müller, wissenschaftlicher Leiter der Stiftung, was sich dadurch ändern wird – und was nicht.

 

Die Stiftung Umweltenergierecht wird ab sofort vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) institutionell gefördert. Was genau bedeutet das?

Prof. Dr. Thorsten Müller: Die Bedeutung wird klarer, wenn man sich die Unterschiede zur bisherigen Situation vor Augen führt. Wir haben schon immer im substanziellen Umfang Fördermittel des Bundes erhalten. Trotzdem ist es eine fundamentale Änderung, denn diese bekamen wir nur als Projektförderung. Damit konnten wir dann auf drei, in selten Fällen auch vier oder fünf Jahre planen und die unmittelbar projektbezogene Personal- sowie Sachausgaben für ein konkretes Forschungsvorhaben bezahlen. Alle Grundkosten der Stiftung, wie die Miete oder die Ausgaben für die Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung, die mit ihren unverzichtbaren Arbeiten eine Forschungseinrichtung durch eine funktionierende Organisation überhaupt erst möglich machen, konnten aus der Projektförderung nicht gedeckt werden. Zukünftig erhalten wir eine Förderung als Institution ohne eine solche Projektbindung. Wir können diese Bundesmittel im Rahmen unseres Wirtschaftsplans und Stiftungszwecks zur Deckung der gesamten Ausgaben einsetzen. Eine institutionelle Förderung wird zwar durch jährliche Förderbescheide gewährt, ist aber im Ergebnis auf Dauer angelegt. Wir bekommen daher einen langfristigen Planungshorizont und müssen nicht mehr immer ein zeitlich und inhaltlich passendes Anschlussprojekt akquirieren, um das Personal nach dem Auslaufen eines geförderten Projektes weiterbeschäftigen zu können. Diese mit inhaltlichen Freiräumen ausgestattete und dauerhafte Förderung ist ein großer Vertrauensbeweis und Anerkennung für unsere bisherige Arbeit. Daher freuen wir uns sehr darüber und sind sehr dankbar. Gleichzeitig sehen wir dies auch als Verpflichtung und Ansporn, unseren bisherigen Weg mit großem Engagement fortzusetzen.

Wird sich an der Arbeit der Stiftung etwas verändern?

Inhaltlich und methodisch wird sich an unserer Arbeit nichts ändern. Wir werden weiterhin mit unserer Forschung versuchen, mögliche Rechtsentwicklungen der Energiewende in der Europäischen Union, dem Bund und den Ländern vorauszudenken, bestehende Gestaltungsspielräume zu identifizieren, Lösungsansätze und deren Vor- und Nachteile aufzuzeigen sowie die vielen Gesetzgebungsverfahren konstruktiv begleiten. Damit wollen wir den Gesetzgebern bei dieser Mammutaufgabe helfen, den Normadressaten die Orientierung erleichtern und vielleicht an der einen oder anderen Stelle einen kleinen Beitrag leisten, eine zunehmend aufgeladene Diskussion zu versachlichen. Dabei helfen uns die neuen Freiräume der institutionellen Förderung sehr. Wir können frühzeitig Themen aufgreifen, die aus unserer Perspektive eine große Relevanz haben werden, um dann bereits ein Thema durchdrungen zu haben, wenn es praktisch Bedeutung bekommt. Dabei sind wir weniger davon abhängig, ob diese Fragestellungen schon in einer Förderbekanntmachung als relevant erkannt worden sind.

Wird es organisatorische Veränderungen geben?

Organisatorisch planen wir zwei neue Forschungsgebiete zu etablieren und Querschnittsthemen stärker zu adressieren, um sie besser in unserer Arbeit verankern zu können. Bei den Forschungsgebieten werden wir die Bereiche „Recht der Netzinfrastrukturen“ und „Recht der Wärmeversorgung“ neu einführen. Wir haben auch bisher zu diesen Themen geforscht, doch so können wir unsere Arbeit in diesen Bereichen nicht nur vertiefen, sondern der Bedeutung und den Eigenarten der Themen noch besser gerecht werden. Als Themenfelder, die einen Querschnitt durch all unsere Forschungsgebiete bilden können, werden wir die Themen „Recht der Digitalisierung“, „Klimaschutz-Governance“ sowie „Regulierungsstrategien und gute Gesetzgebung“ einführen.

Wird die Stiftung dann keine Drittmittelprojekte mehr durchführen?

Doch, auf jeden Fall. Wir werden weiterhin ein aktiver Teil in unserem hoffentlich auch zukünftig wachsenden Forschungsnetzwerk bleiben und gemeinsam mit unseren Partnern Anträge für Forschungsprojekte entwickeln und uns um Beratungsvorhaben bei der öffentlichen Hand bewerben. Denn für uns ist entscheidend, die interdisziplinären Bezüge der Fragestellungen zu verstehen und berücksichtigen zu können. Dazu müssen wir mit unseren Partnern nicht nur lose im Gespräch bleiben, sondern intensiv zusammenarbeiten. Dass wir dies immer wieder tun, macht zu einem guten Stück den Erfolg der Stiftung Umweltenergierecht aus. Diesen Weg wollen wir auch weiterhin fortsetzen.

Die Forschungsarbeit wird also insgesamt ausgeweitet. Wird dafür Verstärkung benötigt?

Ja. Durch die neuen Möglichkeiten und den Aufbau neuer Forschungsgebiete suchen wir zusätzliche Kolleginnen und Kollegen, die Lust darauf haben, den eingeschlagenen Weg mit uns zusammen zu gehen. Die vor uns liegenden Monate, besonders der Aufbau der neuen Forschungsgebiete, sind ein spannender Prozess, bei dem es darum geht, neue Strukturen zu schaffen und mit Leben zu füllen. Wer also Interesse an diesem Aufbauprozess, der Rechtswissenschaft zu einem dynamischen und gesellschaftlich höchst relevanten Zukunftsthema hat, bestenfalls einschlägige Vorkenntnisse mitbringt und Teil unseres engagierten Teams werden möchte, kann sich sehr gerne direkt bei uns melden oder unsere Stellenanzeigen im Auge behalten.

Wie hoch wird die institutionelle Förderung sein?

Wir werden im Jahr 2024 bis zu 4,4 Millionen Euro erhalten. Die institutionelle Förderung wird damit rund zwei Drittel unseres Budgets ausmachen. Weitere Drittmittel, Spenden und die Erträge des Stiftungskapitals zusammen etwa ein Drittel.

Prof. Dr. Thorsten Müller (r.), Fabian Pause (l.) und Melanie Bauer bei der Übergabe des Bescheids mit dem parlamentarischen Staatssekretär Stefan Wenzel. (© BMWK/Andreas Mertens)

Das bedeutet, dass Spenden, Zustiftungen und Drittmittel auch weiterhin notwendig sein werden?

Unbedingt! Wir werden für zusätzliche Forschungsfragen – sei es zur Vertiefung in den zukünftig fünf Forschungsgebieten, zu anderen Themen wie dem kommunalen Klimaschutz oder der Dekarbonisierung der Industrie – zusätzliche Mittel benötigen. Daneben ist eine Mischfinanzierung für mich auch eine wichtige Garantie für wissenschaftliche Unabhängigkeit, die uns auch ein hohes Maß an Flexibilität und Freiheit sichert. Wir sind in der Vergangenheit gut mit verschiedenen Finanzierungssäulen gefahren und werden dies auch in Zukunft fortsetzen. Durch die institutionelle Förderung und die damit gewährleistete Grundfinanzierung können wir uns hier aber zukünftig etwas „wählerischer“ verhalten und allein danach entscheiden, welche Relevanz ein Thema für die weitere Gestaltung der Transformation hat. Projekte primär deshalb anzustreben, weil unsere Finanzierung anderweitig nicht gewährleistet wäre, gehört damit dankenswerterweise der Vergangenheit an. Zukünftig wird auch jeder einzelne Spendeneuro direkt für die inhaltliche Arbeit verwendet, da die institutionelle Förderung jetzt auch die Gemeinkosten der Stiftung abdeckt. Das ist ein echter Mehrwert.

Die Ankündigung, dass die Stiftung die institutionelle Förderung erhält, kam bereits Mitte 2022. Was hat so lange gedauert?

Eine neue institutionelle Förderung ist etwas Besonderes, es gibt sie nicht „von der Stange“. Zumal für außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, für die der Gesetzgeber mit dem Wissenschaftsfreiheitsgesetz auch ausdrücklich anerkannt hat, dass es Besonderheiten gibt, für die es von den üblichen Vorgaben abweichende Lösungen braucht. Leider ist dessen Anwendungsbereich abschließend definiert, daher mussten für uns die Bedingungen individuell entwickelt werden. So wurden zum Beispiel alle Stellen vom Bundesverwaltungsamt bewertet. Das hat viel Zeit in Anspruch genommen, war aber ein sehr guter Schritt, der auch bei uns viele Klärungsprozesse in Gang gesetzt hat. Uns war sehr wichtig, dass die Stärken unserer bisherigen Arbeit auch zukünftig voll zur Geltung kommen können. Gemeinsam mit dem BMWK konnten wir das sicherstellen. Kurz vor dem Ziel kam jedoch das Urteil zum Klima- und Transformationsfonds des Bundesverfassungsgerichts und der Bundeshaushalt musste neu verhandelt werden. Das hat uns nochmal ein paar Monate zurückgeworfen und wir mussten uns noch länger in Geduld üben. In diesem Fall gilt aber uneingeschränkt: Ende gut, alles gut.

Ist die Stiftung damit dem BMWK angegliedert und inhaltlich nicht mehr unabhängig?

Nein, an unserer Unabhängigkeit ändert sich nichts. Auch das BMWK hat daran kein Interesse, sonst ginge der spezifische Mehrwert unserer Arbeit verloren. Die institutionelle Förderung durch den Bund musste in einem Einzelplan des Bundeshaushalts verankert werden. Wegen der Zuständigkeiten lag das BMWK sehr nahe, dass damit die Entscheidung des Haushaltsgesetzgebers zur institutionellen Förderung jetzt vollzieht. Wir sind und bleiben inhaltlich und organisatorisch aber vollständig unabhängig. Wir werden nicht im Auftrag des BMWK tätig, unsere Arbeit wird allein durch wissenschaftliche Methoden geprägt. Selbstverständlich stehen wir wie bisher auch mit dem BMWK als federführendem Ministerium in unserem Forschungsbereich im engen inhaltlichen Austausch. Das gilt aber genauso für sehr viele anderen Akteure in Wissenschaft, Politik, Praxis und Zivilgesellschaft.

Was sind nun die nächsten Schritte?

Die Förderung kommt nicht überraschend, so dass wir viel vorbereitet haben. Wir haben schon in den letzten Monaten sukzessive die Arbeiten stärker auf die „neue Welt“ ausgerichtet und Ideen für neue Forschungsprojekte entwickelt. Inhaltlich wird man in den nächsten Monaten vermutlich keinen großen Unterschied wahrnehmen. Nach und nach werden dann die Früchte der institutionellen Förderung auch nach außen sichtbarer werden, besonders wenn wir die neuen Forschungsgebiete und Themenfelder aufgebaut haben. Darauf wird organisatorisch der Fokus in nächster Zeit liegen. Die wichtigste Aufgabe der wissenschaftlichen Leitung besteht darin, die passenden neuen Kolleginnen und Kollegen für uns zu gewinnen und ins Team zu integrieren. Gemeinsam mit den „Neuen“ gilt es dann, die Ideen für neue Themen zu konkretisieren, sie mit Leben zu füllen und mit neuen Forschungsprojekten umzusetzen. Diese Aufgabe gehen wir mit dem gesamten Team der Stiftung mit großer Vorfreude an.

Sie haben bereits Netze und Wärme als neue Forschungsgebiete genannt. Wie ist die Lage der Energiewende, welche Themen werden in den kommenden Monaten im Vordergrund stehen?

Wir müssen die kurz- und mittelfristigen Erfordernisse zur Gestaltung der Energiewende und unsere Forschungsarbeiten ein Stück weit trennen. Natürlich werden wir auch in den nächsten Monaten in den laufenden Gesetzgebungsverfahren viele Forschungsfragen finden, uns dieser annehmen und unsere bereits erarbeiteten Forschungsergebnisse als Hilfe für die Gestaltung der Energiewende sowie Orientierung für die Rechtsanwender anbieten. Es ist aber wichtig, dass wir nicht in erster Linie im Kleinklein des Alltags stecken bleiben, sondern Themen vorausschauend identifizieren und bearbeiten. Das verschafft uns die Zeit, die es für die wissenschaftliche Durchdringung braucht und die uns dann in die Lage versetzt, in den laufenden Gesetzgebungsverfahren fundiert Ratschläge geben zu können. Ein gutes Beispiel ist die Umsetzung der Beschleunigungsgebiete aus der Erneuerbare-Energien-Richtline. Unsere Forschung dazu hat bereits lange vor dem Kommissionsentwurf begonnen, mit den relevanten Vorfragen zum Planungs- und Genehmigungsrecht befassen wir uns, seitdem es uns gibt. Dieser Erfahrungsschatz ermöglicht es uns, jetzt fachkundige Hilfestellung zu geben. Zur Weiterentwicklung der kommunalen Wärmeplanung, der Neuordnung des Rechtsrahmens für die Netzeinbindung der EE-Anlagen, der Flächensicherung für PV-Freiflächenanlagen, der Umsetzung und Weiterentwicklung des EU Green Deals, den vielen Ausprägungen des neuen Energiemarktdesigns und vielen weiteren Themen arbeiten wir mit eben diesem Fokus. Lassen Sie sich überraschen, was wir in den nächsten Monaten zu bieten haben. Sie sind immer herzlich eingeladen, unsere Arbeit durch unsere Newsletter, Webinare, Veranstaltungen, Vorträge und natürlich unsere Publikationen zu verfolgen und sich mit uns auszutauschen.