„Es muss dringend ein sicherer Rechtsrahmen für die Planung von Windenergie her“
Schon seit 1994 betreibt Karl-Albert Brandt Windenergieanlagen an der Nordseeküste. Dabei hat sich der Landwirt aus Dithmarschen gesellschaftspolitisch bis heute immer intensiv für Klimaschutz und den Ausbau erneuerbarer Energien engagiert.
Herr Brandt, Sie waren in Kaiser-Wilhelm-Koog schon früh dabei: Welche Rolle spielt die Windenergie, um energie- und klimapolitische Ziele in Deutschland und Europa zu erreichen?
Brandt: Aus meiner Sicht ist die Windenergie ein ganz wesentlicher Bestandteil, um die energie- und klimapolitischen Ziele in Deutschland zu erreichen. Wir müssen einen umweltverträglichen Energiemix weiter ausbauen, um die CO2-Emissionen weiter zu senken. 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien sollte unser Ziel sein. Dazu ist ein weiterer Ausbau der Windenergie gerade notwendig. Es empfehlen sich dafür letztlich vor allem besonders windhöffige Gegenden wie die Nordseeküste.
Über die Windkraft wird derzeit lebhaft diskutiert. Welche Maßnahmen sind auf politischer Ebene erforderlich, um den weiteren Ausbau der Windenergie voranzutreiben?
Brandt: In erster Linie sollte wieder Planungssicherheit hergestellt werden. In den letzten Jahren wurden vorhandene Rahmenbedingungen immer weiter aufgeweicht und zum Teil rückwirkend gesetzlich verändert. Heutzutage werden die Risiken immer größer und da es leider keine Seltenheit mehr ist, dass Änderungen auch auf Bestandsanlagen Anwendung finden, sind diese Risiken kaum mehr abzuschätzen.
Zudem werden viel zu wenige Neuanlagen genehmigt. Die Anforderungen im Genehmigungsverfahren sind komplex und das Investitionsrisiko für Vorhabenträger ist hoch. Einwendungen, die in erster Linie auf fehlende Akzeptanz der Windenergie zurückgehen, verzögern die Verfahren erheblich. Obwohl die Politik einhellig davon überzeugt ist, dass der Ausbau der Windenergie notwendig ist, ist sie sehr zurückhaltend, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Vorhaben zu unterstützen. Eine Vergrößerung der Abstände zur Wohnbebauung über das von Rechtsprechung und Fachwelt im Hinblick auf tatsächliche Beeinträchtigungen geforderte Maß hinaus, erschwert nicht nur die Planung und Umsetzung von Vorhaben, sondern letztlich auch die Erreichung klimapolitisch notwendiger Ziele insgesamt.
Was erwarten Sie von der laufenden Regionalplanung in Schleswig-Holstein?
Brandt: Es muss dringend ein sicherer Rechtsrahmen für die Planung von Windenergie her. Das bereits seit der Entscheidung des OVG Schleswig-Holstein im Januar 2015 laufende Verfahren zur Aufstellung der Regionalpläne in Schleswig-Holstein und das Windmoratorium dauern bei allem Verständnis für den Arbeitsaufwand der Landesplanungsbehörde, alle Einwendungen abzuarbeiten, zu lang. Die Kriterien für die Ermittlung von Vorranggebieten sollten überarbeitet werden. An angestammten und besonders windhöffigen Orten soll nun künftig keine Windenergie mehr erzeugt werden. Nicht nur genießt die Windenergie aber an diesen Orten regelmäßig eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, weil diese durch Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten ebenso wie die Standortgemeinden durch Gewerbesteuereinnahmen an der Wertschöpfung partizipieren. Darüber hinaus ist an den angestammten Orten auch die nötige Infrastruktur und das Know-how vorhanden. Dass durch abstrakte Kriterien und Pauschalabstände ohne Not generell auf eine zukünftige Windenergieerzeugung an besonders geeigneten Standorten verzichtet werden soll, während dadurch teils Bereiche ohne bisherige Vorbelastung, mit geringerer Windhöffigkeit und wenig Akzeptanz in der Bevölkerung nunmehr als Eignungsgebiete für Windenergie identifiziert werden, erscheint weder sachgerecht noch zielführend. Eine deutlich größere Einzelfallbetrachtung mit höherer Flexibilität durch Abwägung tatsächlich relevanter Belange erscheint demgegenüber weitaus sinnvoller. Das politische Versprechen pauschaler Mindestabstände zur Wohnbebauung mit Sicherheitspuffern, für die es keine tatsächliche oder rechtliche Notwendigkeit gibt, spiegelt keineswegs den Wunsch aller Bürger wider. Und auch das Sankt-Florians- oder NIMBY-Prinzip kann bei allem Verständnis für die Befindlichkeiten mancher Mitbürger nicht zum allgemeinen Grundsatz der Flächenplanung werden. Es sollte angesichts der hohen Bedeutung des Klimaschutzes vielmehr vermehrt von politischer Seite für Akzeptanz in der Bevölkerung und Verständnis für die Notwendigkeit bestimmter Planungen geworben werden.
An welchen Stellen sind Veränderungen am Rechtsrahmen für eine erfolgreiche Energiewende darüber hinaus dringend notwendig?
Brandt: Das Stocken des Windenergieausbaus wird zu einem immer größeren Problem. Es werden letztlich zu wenige Neuanlagen genehmigt. Auch die Genehmigungsverfahren dauern oft zu lange und sollten beschleunigt werden. Für das Repowering von Altanlagen sollte ein verlässlicher rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Der Gesetzgeber sollte es nicht versäumen, Anreize für die durch ein Repowering möglichen Effizienzsteigerungen zu setzen. Dringend notwendig erscheint auch eine Förderung von Energiespeicherprojekten und die Privilegierung von Pilotprojekten. Viele relevante Regelungen und nicht zuletzt auch das EEG sind über die Jahre immer komplexer geworden und wurden in schneller Taktung verändert.
Was hat Sie überzeugt, die Forschungsarbeit der Stiftung Umweltenergierecht regelmäßig zu unterstützen?
Brandt: Die Stiftung Umweltenergierecht erarbeitet rechtliche Studien und Positionspapiere auf fachlich höchstem Niveau, die in Politik und Fachwelt zurecht Anerkennung genießen und Gehör finden. Verlässlich werden für die Windenergie wichtige Themen rechtzeitig und Rechtsfragen teils vorausschauend adressiert, mit wissenschaftlichem Anspruch bearbeitet und sinnvolle Verbesserungs- und Lösungsvorschläge vorgestellt. Die Arbeit der Stiftung ist nicht zuletzt auch für die Branche überaus wertvoll und unterstützenswert.