Zukünftig mehr Spielraum für den deutschen Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des EEG?
Die Investitions- und Förderbedingungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen werden zunehmend durch EU-Recht bestimmt. Zahlreiche wesentliche Änderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) in den letzten Jahren wurden europarechtlich begründet. Nun gibt es neue Vorgaben in Form einer Richtlinie.
Im Mittelpunkt der bisherigen Rechtsänderungen stand das EU-Beihilfenrecht, genauer die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission. Darin stellte die EU-Kommission detailliert dar, wie ein beihilferechtskonformes Fördersystem auszusehen habe. Die prominentesten Beispiele hierfür sind wohl die Einführung von Ausschreibungen, die verpflichtende Direktvermarktung und die Regelung, keine Förderung im Falle einer sechsstündigen Periode negativer Preise auszuzahlen. Daneben unterlagen die Regelungen zur Besonderen Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen sowie die Regelungen zur Eigenversorgung der Beihilfenkontrolle durch die EU-Kommission.
Rechtsunsicherheit trotz Entfalls der Beihilfenkontrolle?
Bekanntlich hat der EuGH bereits im März dieses Jahres entschieden, dass zumindest das EEG 2012 keine Beihilfe darstellte. Dennoch ist bisher unklar, ob damit auch das aktuelle EEG 2017 nicht mehr der Beihilfenkontrolle durch die EU-Kommission unterliegt. Die Bundesregierung strebt einen Verständigungsprozess mit der EU-Kommission über diese Frage an. Bislang wurde jedoch kein endgültiges Ergebnis erzielt. Aus rechtlicher Perspektive spricht einiges dafür, dass die Grundsätze der EuGH-Entscheidung auch auf das EEG 2017 übertragbar sind. Der Austausch von rechtlichen Argumenten dürfte allerdings allein nicht weiterhelfen. Wurde eine Beihilfe aus Sicht der EU-Kommission zu Unrecht gewährt, kann die EU-Kommission nämlich deren Rückforderung anordnen. Dies könnte eine (zu) große Unsicherheit für die Branche bedeuten, selbst wenn der EuGH am Ende eines langen Rechtsstreits wieder gegen die Kommission entscheiden würde. Die EU-Kommission würde somit bis zu einer weiteren höchstrichterlichen Klärung erst einmal am längeren Hebel sitzen. Es bleibt somit abzuwarten, was der Verständigungsprozess zwischen Bundesregierung und EU-Kommission bringen wird.
Gestaltungsspielraum zwischen neuer Richtlinie und Beihilferecht
Mit dem Wegfall der Beihilfenkontrolle wäre der deutsche Gesetzgeber aber auch künftig nicht vollkommen frei bei der Ausgestaltung des EEG. Mit der neuen Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001 (EE-RL) enthält das EU-Recht erstmals inhaltliche Vorgaben zur Ausgestaltung von Förderregelungen für EE-Strom auf sekundärrechtlicher Ebene, die bis zum 30. Juni 2021 von den Mitgliedstaaten umzusetzen sind. Der dortige Artikel 4 enthält Vorgaben, die denjenigen der Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien im Grundsatz durchaus ähnlich sind. Im Detail sind dennoch Unterschiede erkennbar. Insbesondere, was den Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten betrifft, Ausschreibungen vorzusehen sowie diese technologieoffen auszugestalten. Eine Richtlinie ist nur hinsichtlich ihres Ziels verbindlich, die hierfür erforderlichen Maßnahmen kann der Mitgliedstaat wählen. Hier scheint die neue EE-RL mehr Freiheiten zuzulassen, als dies bislang unter der engmaschigen Beihilfenkontrolle durch die EU-Kommission der Fall war.
Ein Wegfall der Beihilfenkontrolle könnte somit deutliche neue Spielräume bei der künftigen Ausgestaltung des EEG mit sich bringen. Um diese beizubehalten, muss allerdings auch in Zukunft darauf geachtet werden, keine staatlichen Mittel in den EEG-Finanzierungskreislauf zu integrieren. Dies hat auch Folgen für die aktuell diskutierte Frage, inwiefern Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung für die Senkung der EEG-Umlage verwendet werden könnten. Die Verwendung von Mitteln aus dem Bundeshaushalt im Finanzierungsmechanismus des EEG hätte zur Folge, dass eine tatbestandliche Beihilfe vorliegen würde. Die durch die EuGH-Entscheidung gewonnenen Spielräume würden wieder verloren gehen. Es wäre daher zu überlegen, zumindest getrennte Finanzierungskreisläufe zu schaffen und nur bestimmte EEG-Umlageposten aus dem bisherigen Finanzierungsmechanismus herauszulösen und separat durch Mittel aus dem Bundeshaushalt zu finanzieren. Solche Posten könnten beispielsweise bestimmte Anlagengruppen, die Besondere Ausgleichsregelung oder die Eigenversorgung sein. Dann würden zumindest nur diese staatlich finanzierten Bereiche der Beihilfenkontrolle unterliegen.
Die Stiftung Umweltenergierecht beschäftigt sich im Rahmen des Projekts „EU-ArchE“ (Eine neue EU-Architektur für die Energiewende) mit diesen Rechtsfragen.