Was passiert mit unseren Gasnetzen? Stiftung Umweltenergierecht startet neues Projekt
In den Medien war bereits häufiger zu lesen, dass einzelne Energieversorger die Entscheidung getroffen haben, ihr Gasverteilernetz langfristig stillzulegen. Das Thema wird in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen. Die Stiftung Umweltenergierecht befasst sich daher erstmals in einem neuen Projekt mit den rechtlichen Fragen zum Wandel der Gasnetzinfrastruktur. Ein zentraler Punkt sind hierbei die rechtlichen Grundlagen bei der Stilllegung von Gasverteilernetzen.
Das Ziel der Klimaneutralität setzt in Deutschland auch eine grundlegende Wende in der Wärmeversorgung bis 2045 voraus. Denn aktuell wird der Wärmesektor durch die Verbrennung fossiler Energieträger – insbesondere Erdgas – dominiert. Der Anteil erneuerbarer Energien in der Wärmeerzeugung liegt nur bei knapp 15 Prozent. Die große Herausforderung im Rahmen der „Wärmewende“ besteht also darin, eine klimaneutrale Wärmeversorgung bereitzustellen. Wesentliche Maßnahmen sind hier die Effizienzsteigerung, Einsparungsmaßnahmen sowie die Nutzung erneuerbarer Energien bei der Wärmeerzeugung. Dadurch soll auch eine erhebliche Reduzierung des Erdgasverbrauchs erreicht werden.
Umnutzung oder Stilllegung: die Herausforderungen bei der Transformation
Die Infrastruktur der deutschen Energieversorgung ist historisch bedingt überwiegend leitungsgebunden und besteht – unter anderem – aus über 500.000 Kilometern Gasverteilernetz. Mit einer zukünftigen Reduzierung des Erdgasverbrauchs stellt sich die Frage nach dem Umgang mit der bestehenden Infrastruktur und den vorhandenen volkswirtschaftlichen Assets – kurz zusammengefasst, mit den Fragen der Transformation dieser vorhandenen Gasnetze.

Das bestehende Fernleitungsnetz für Gas könnte in Zukunft für ein Wasserstoffkernnetz verwendet werden. (Foto: Anita Starczyka, Pixabay)
Während für Teile des bestehenden Fernleitungsnetzes im Rahmen der Entwicklung eines Wasserstoffkernnetzes die Möglichkeit der Umnutzung bereits greifbar ist, wird die Frage der Umnutzung bei Verteilernetzen aufgrund technischer und finanzieller Hürden weiterhin lebhaft diskutiert. Als Alternative hierzu steht eine Stilllegung der Gasverteilernetze sowie deren Rückbau im Raum.
Wo liegen die rechtlichen Herausforderungen bei der Stilllegung von Gasnetzen?
Die Frage, ob und in welchem Umfang das Gasverteilernetz umgenutzt, stillgelegt oder zurückgebaut werden soll, wird bei den rund 700 Verteilernetzbetreibern spätestens in den kommenden Jahren auf die Tagesordnung kommen. „Wir sehen große rechtliche Herausforderungen in den Bereichen der Netzplanung, des Netzanschlusses sowie der Netzentgelte“, erklärt Dr. Carsten von Gneisenau, Wissenschaftlicher Referent bei der Stiftung Umweltenergierecht.
Konkret stellen sich unter anderem folgende Fragen: Wie kann die Anzahl der angeschlossenen Verbraucher reduziert werden? Wer trägt die Kosten für die Netztrennung? Wie kann der Verteilernetzbetreiber etwaige Kosten für die Netztrennung in die Netzentgelte einpreisen? Und: Passen die europäischen Vorgaben der neuen Gas-Wasserstoffrichtlinie (EU) 2024/1788 mit den deutschen Vorgaben zusammen?
Erstmals ein Forschungsprojekt zum Thema Gasnetze
Allein die Anzahl der offenen Fragen zeigt, dass die mögliche Umnutzung sowie die Stilllegung von Gasnetzen in Zukunft ein wichtiges Thema für den Rechtsrahmen der Energiewende sein wird.

Gerade bei der Stilllegung von Gasnetzen ergeben sich zahlreiche rechtliche Schwierigkeiten. Diese will die Stiftung Umweltenergierecht in einem neuen Projekt adressieren. (Foto: Viarami, Pixabay)
Die Stiftung Umweltenergierecht hat daher ein neues Projekt „Rechtliche Herausforderungen bei der Transformation der Gasnetze“ im Rahmen des Forschungsgebiets „Recht der Netzinfrastrukturen“ ins Leben gerufen, um konkrete Antworten auf diese Fragen zu finden.
„Unser erster Schritt wird es sein, die rechtlichen Grundlagen der Stilllegung von Gasverteilernetzen in den Blick zu nehmen“, erklärt Dr. Nora Grabmayr, Projektleiterin bei der Stiftung Umweltenergierecht. Inhaltliche Schwerpunkte werden die europarechtlichen Vorgaben sowie die vorhandenen Regelungen im EnWG sein. Bis zum Herbst sollen dazu die ersten Ergebnisse in einer eigenen Publikation veröffentlicht werden. „Im Anschluss werden wir auf Grundlage unserer Erkenntnisse die aktuellen Entwicklungen zum Thema Gasverteilernetze, insbesondere im Hinblick auf die weitere Rechtsentwicklung und den Wasserstoffhochlauf, in unserem Projekt genau beobachten und regelmäßig aufgreifen.“