Neues EU-Recht – Muss das deutsche Fördersystem für Erneuerbare umgestellt werden?“

Auf EU-Ebene wird gerade über eine umfassende Reform des Strommarktdesigns verhandelt. Dabei geht es auch um die Art und Weise, wie künftig in den Mitgliedstaaten erneuerbare Energien finanziell gefördert werden können. Muss das derzeitige deutsche System der Marktprämie dann auf sogenannte „Contracts for Difference“ umgestellt werden?

Das deutsche Fördersystem für Strom aus erneuerbaren Energien entspringt aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz. Dieses hat schon einige strukturelle Änderungen hinter sich. Zunächst der Wechsel von der gesetzlichen Einspeisevergütung ohne Vermarktungspflicht auf das System der Direktvermarktung mit Marktprämie. Und schließlich auf die Bestimmung der Höhe der Marktprämie durch Ausschreibungen. „Mit der EU-Strommarktreform könnte nun erneut eine Umstellung erforderlich werden“, sagt Dr. Markus Kahles, Forschungsbereichsleiter der Stiftung Umweltenergierecht, mit Blick auf den derzeitigen Verhandlungsstand auf EU-Ebene.

Pflicht zur Umstellung auf Contracts for Difference wahrscheinlich

„Die Positionen von EU-Kommission, EU-Parlament und Rat unterscheiden sich stark im Detail, sind sich aber in einem Punkt erstaunlich einig: Dass nämlich künftig zweiseitige Differenzverträge, im englischen ‚Contracts for Difference‘ – oder kurz: CfD – zum Einsatz kommen müssen, wenn der Staat den Preis für Strom aus erneuerbaren Energien weiter mit Zahlungen stützen möchte“, fasst Dr. Kahles zusammen. Für andere Förderformen, etwa Investitionszuschüsse, gelte diese Vorgabe allerdings nicht. Außerdem will zumindest das EU-Parlament auch „äquivalente“ Maßnahmen zulassen.

Eine überhöhte Vergütung von erneuerbaren Energien soll durch CfD ausgeschlossen werden.

Was bedeutet das konkret? Einerseits, dass die Förderung auch weiterhin eine geschützte Mindestvergütung beinhalten würde, aber andererseits – und das wäre neu – auch eine Begrenzung für eine überhöhte Vergütung vorsehen müsste. „Im Ansatz kennen wir im deutschen Recht ein solches Element der Einnahmenbegrenzung bei der Erneuerbaren-Förderung bislang nur im Rahmen der mittlerweile abgeschafften Abschöpfung von sogenannten ‚Übergewinnen‘ im Rahmen der krisenbedingten Strompreisbremse“, erklärt Dr. Kahles. Ebenso wie es bei der Abschöpfung im Rahmen der Strompreisbremse diskutiert wurde, stellt sich auch bei den CfD die Frage der Verwendung möglicher Einnahmen – etwa für Auszahlungen an die Stromverbraucher. In ihrer Wirkung, möglichen Ausgestaltung und rechtlichen Umsetzung seien CfD als Dauerinstrument zur Förderung aber dennoch kaum mit der krisenbedingten Abschöpfung vergleichbar.

Stecken beihilferechtliche Erwägungen dahinter?

Überhaupt könnten die Überlegungen hinter der Einführung von CfD auf EU-Ebene, neben den Gedanken des Schutzes vor hohen Preisen und der Generierung von Einnahmen, hauptsächlich beihilfenrechtlichen Erwägungen entstammen. „CfD könnten sich als nützliches Instrument für die EU-Kommission erweisen, in unsicherer Marktlage die angemessene Höhe der Förderzahlungen im Sinne des EU-Beihilfenrechts sicherzustellen“, erläutert Johanna Kamm, wissenschaftliche Referentin der Stiftung Umweltenergierecht. Ableiten lässt sich das unter anderem aus der Beihilfenentscheidung der EU-Kommission zum EEG 2023, in der sich Deutschland gegenüber der EU-Kommission verpflichtet hat, die Profite zu limitieren und/oder Rückzahlungsverpflichtungen im Erneuerbare-Energien-Gesetz einzuführen, sofern es bis zum 30. Juni 2024 keine EU-Regelung hierzu gebe.

„Diese beihilfenrechtliche Verpflichtung allein muss nicht zur Einführung von CfD führen, auch andere Ausgestaltungen sind denkbar“, stellt Johanna Kamm klar. „Mit Blick auf die Vorschläge zu CfD im Rahmen der EU-Strommarktreform, die jedenfalls bis zu diesem Datum abgeschlossen sein sollte, könnten sich die Puzzleteile allerdings zu einem Gesamtbild fügen, dass in Richtung CfD weist.“

Welche Folgen sind zu erwarten?

Sollte es so kommen, stellen sich viele rechtliche Umsetzungsfragen. „Die neuen Regelungen zu CfD sollen im Rahmen der EU-Strombinnenmarkt-Verordnung umgesetzt werden und hätten damit unmittelbare Geltung im deutschen Recht“, erklärt Johanna Kamm. Allerdings seien die Spielräume der Mitgliedstaaten bei der Art und Weise der Einführung von CfD sehr groß: „Es gibt viele Arten von CfD. Zudem werden auch die Umsetzungszeiträume und Übergangsfristen noch verhandelt. Klar dürfte jedenfalls sein, dass CfD nur Anwendung auf neu zu fördernde Anlagen Anwendung finden.“

Die Umsetzung von CfD müsste national erfolgen – in Deutschland über das Erneuerbare-Energien-Gesetz.

Die Umsetzung im Detail müsste im Erneuerbare-Energien-Gesetz erfolgen. „Bislang legt das EEG 2023 als Programmsatz in § 1a Abs. 2 fest, dass die weitere Förderung erneuerbarer Energien nach Vollendung des Kohleausstiegs marktgetrieben erfolgen soll und deshalb nach diesem Zeitpunkt keine weitere Förderung erfolgen soll“, blickt Dr. Markus Kahles voraus. Die Bundesregierung müsse hierzu laut Gesetz „spätestens bis zum 31. März 2024“ einen Vorschlag vorlegen, wie die Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien nach der Vollendung des Kohleausstiegs erfolgen soll. Besonders interessant wird dabei sein, wie und ob die Bundesregierung auch die aktuellen Entwicklungen in diesem Bericht einschätzen und die Vor- und Nachteile der jeweiligen Förderoptionen bewerten wird.

Diese Entwicklungen wird die Stiftung Umweltenergierecht vor allem im Kopernikus-Forschungsprojekt Ariadne rechtswissenschaftlich analysieren. Am 5. Dezember 2023 fand hierzu in Brüssel ein Workshop in der Reihe „Ariadne@Brussels“ statt. Dort tauschten sich Vertreterinnen und Vertreter von EU-Kommission, Think Tanks und aus Mitgliedstaaten, die bereits CfD-Systeme eingeführt haben, mit der Stiftung Umweltenergierecht sowie weiteren Teilen des Ariadne-Konsortiums zur aktuellen Lage aus und diskutierten diese mit den Teilnehmenden.