#Klimaschutzrecht2031: Gesprächsrunde

Wie bringen wir Artenschutz und Energiewende voran?

Datum: Donnerstag, 8. Juli 2021

Uhrzeit: 10:00 – 11:30 Uhr

Inhalt

Im Rahmen der Erstellung des künftigen Forschungsprogramms „Klimaschutzrecht 2031“ tritt die Stiftung Umweltenergierecht zu den verschiedenen Herausforderungen für das Gelingen der Energiewende in den Dialog mit der Fachwelt. Ein wichtiges und zugleich kontrovers diskutiertes Thema ist die Beziehung zwischen Artenschutz und Energiewende. Der Bereich ist geprägt von rechtlichen und fachlichen Unsicherheiten und Unklarheiten, die auch im Genehmigungsverfahren von Stromleitungen, Windenergieanlagen oder anderen Infrastruktureinrichtungen immer wieder zu erheblichen Schwierigkeiten führen können.

Die Stiftung Umweltenergierecht hatte daher fünf Expertinnen und Experten – Kathrin Ammermann (BfN), Klaus-Ulrich Battefeld (Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz), Günter Ratzbor (Schmal + Ratzbor), Katharina Stucke (NABU) und Dr. Bettina Wilkening (ENERTRAG AG) – eingeladen, um dieses breite Thema vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele zu diskutieren. „Artenschutz und Energiewende dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden“, stellte Katharina Stucke bereits zu Beginn der Veranstaltung klar.

Die Struktur der Diskussionsrunde folgte der Prüfungsreihenfolge im Artenschutzrecht:

  1. Prüfung des Verbotstatbestands – insbes. Prüfung, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht ist
  2. Prüfung von möglichen Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen – kann das Tötungsrisiko durch Maßnahmen unter die Signifikanzschwelle gesenkt werden?
  3. Prüfung von Ausnahmen – ist, wenn das Tötungsrisiko trotz entsprechender Maßnahmen weiterhin signifikant erhöht ist, die Erteilung einer Ausnahme möglich?

 

Kontrovers diskutiert unter den Fachleuten wurde etwa, ob und inwieweit der Fokus auf dem einzelnen Tier (Individuenbezug) oder eher auf der Art als solcher (Populationsbezug) liegen müsse, und welche Differenzen es zwischen Artenschutz und Artenschutzrecht gebe. Im Zusammenhang mit dem bislang kaum konkretisierten Signifikanzkriterium kam Dr. Bettina Wilkening zum Schluss, dass es ohne objektive Standards für den Umgang mit dem Signifikanzerfordernis keine Planungssicherheit gebe.

Auf Ebene der Schutz- und Vermeidungsmaßnahmen wurde ebenfalls intensiv diskutiert, welche Bedeutung anlassbezogenen Abschaltmaßnahmen beim Ausbau von Windenergieanlagen zukämen. Ein Allheilmittel seien sie auch in Kombination mit Vogeldetektionssystemen jedenfalls nicht.

Schließlich wurde auf die Gefahr hingewiesen, dass Behörden rein vorsorglich Schutzmaßnahmen forderten oder eine Ausnahme in Betracht zögen, allein weil Unsicherheiten bei der Bewertung auf Ebene der Verbotstatbestände bestünden.

Der Austausch mit den fünf Expertinnen und Experten machte zwar deutlich, dass einzelne Fragen durchaus kontrovers diskutiert werden. In einer Sache waren sich aber alle Beteiligten einig: Das Recht muss vollzugstauglicher werden, wozu die Festlegung von Standards – Grenz- und Schwellenwerte – hilfreich sei. „Die geltenden Regelungen des Artenschutzrechts sind zu auslegungsbedürftig, zu wenig konkret und deshalb nicht praxistauglich“, fasste Klaus-Ulrich Battefeld zusammen.

Für die Stiftung Umweltenergierecht war der Austausch sehr hilfreich und wir freuen uns über viele weitere wertvolle Impulse und Anregungen von Ihnen für das Forschungsprogramm „Klimaschutzrecht 2031“ – sowohl zum Thema Artenschutz als auch zu den vielen weiteren Fragen und Beiträgen, die im Rahmen der Entwicklung des Forschungsprogramms aufgeworfen werden.

Über #Klimaschutzrecht2031

Anlässlich unseres 10. Geburtstags entwickeln wir gemeinsam mit unserem Forschungsnetzwerk schon seit Anfang des Jahres ein neues Forschungsprogramm Klimaschutzrecht 2031, mit dem wir in den nächsten zehn Jahren einen zielgerichteten und effektiven Beitrag für das Gelingen der Energiewende leisten wollen. Denn die Klimaschutzziele erfordern einen grundlegend neuen Rechtsrahmen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, als Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler diese notwendigen Reformen mit unserer Arbeit vorzubereiten und zu unterstützen. 

Die aktuellen Entwicklungen nehmen wir zum Anlass, zu prüfen, ob unsere Annahmen und Forschungsfragen bereits zielgerichtet auf die neuen politischen Vorgaben ausgerichtet sind oder ebenso eine andere Ausrichtung brauchen. Uns ist daher wichtig, unsere Ideen mit den Erfahrungswerten und Erwartungen der Fachwelt abzugleichen und Impulse und Anregungen für die nächsten zehn Jahre bis 2031 sammeln. Nur so können wir ein vollständiges Bild der Forschungsfragen entwickeln.

Welche Anregungen haben Sie für uns? Lassen Sie es uns unter #Klimaschutzrecht2031 wissen!