Neue Effizienzvorgaben für Gebäude im EU-Recht: Was bedeutet das für das Gebäudeenergiegesetz?

31. Oktober 2024 / 4 Minuten Lesedauer

Die Gebäudeeffizienzrichtlinie verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten bei der Gebäudedekarbonisierung tätig zu werden. (Foto: Smuki/Depositphotos)

Der CO2-Fußabdruck von Gebäuden kann insbesondere durch die Versorgung mit erneuerbaren Energien und der Steigerung der Energieeffizienz verbessert werden. Während das Gebäudeenergiegesetz (GEG) seit dem 1. Januar 2024 die Energieversorgung über die 65-Prozent-Erneuerbaren-Vorgabe für neue Heizungsanlagen in den Blick nimmt, sieht die Neufassung der Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) Effizienzsteigerungen für Gebäude vor. Ein Kernaspekt der Richtlinie (Minimum Energy Performance Standards – MEPS). Inwieweit gibt es Umsetzungspflichten Und wie steht das Verfassungsrecht zu ordnungsrechtlichen Maßnahmen?

Der Vorschlag der EU-Kommission zu Artikel 9 der Gebäudeeffizienzrichtlinie sah zunächst Mindestenergieeffizienzstandards vor. Dabei sollten die Mitgliedstaaten ihren Gebäudebestand über eine Verknüpfung mit den Energieausweisen in die dort vorgesehenen Effizienzklassen A bis G einteilen. Die Gebäude mit den schlechtesten Effizienzklassen sollten durch einzelgebäudebezogene Effizienzsteigerungen – also jedes Gebäude für sich – zu vorgegebenen Zeitpunkten eine bessere Effizienzklasse erreichen.

Die finale Richtlinie enthält dagegen nun keine Mindestenergieeffizienzstandards im ursprünglichen Sinne mehr, sondern spricht von „Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz für Nichtwohngebäude und Pfade für die schrittweise Renovierung des Wohngebäudebestands“. Diese Vorgaben werden nicht mehr durch Effizienzklassen, sondern durch Prozentwerte bestimmt.

Im Bereich Nichtwohngebäude müssen gemäß Art. 9 Abs. 1 EPBD schrittweise bis 2030 die 16 Prozent und bis 2033 die 26 Prozent der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz energieeffizienter gestaltet werden. Hier bleibt es bei einem einzelgebäudebezogenen Ansatz. Bei den Wohngebäuden wurde in Art. 9 Abs. 2 EPBD ein gesamtgebäudebezogener Ansatz mit einem nationalem Zielpfad gewählt. Hier muss der durchschnittliche Primärenergieverbrauch bis 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20 bis 22 Prozent gesenkt werden. Eine einzelgebäudebezogene Steigerung der Effizienz gibt es hier nicht mehr.

Muss Deutschland das Gebäudeenergiegesetz ändern?

Wie die Mitgliedstaaten die Vorgaben aus der Gebäudeeffizienzrichtlinie in nationales Recht umsetzen, bleibt ihnen im Rahmen ihres Umsetzungsspielraums zu großen Teilen selbst überlassen, solange die Zielvorgaben der Richtlinie erreicht werden. Über Art. 9 EPBD sind die Mitgliedsaaten verpflichtet, das Ziel einer Verbesserung der Gebäudeeffizienz bis zu einem dort festgelegten Zeitpunkt zu erreichen. Den Weg, auf dem die Mitgliedstaaten dieses Ziel erreichen, können sie weitestgehend selbst wählen. So können die Mitgliedstaaten grundsätzlich entscheiden, inwieweit sie beispielsweise Gebäudeeigentümer ordnungsrechtlich zur Sanierung verpflichten, oder ob und in welcher Höhe eine Sanierung staatlich gefördert wird. Regelungsstandort für die Umsetzung der Gebäudeeffizienzrichtlinie ist wohl das eben erst novellierte Gebäudeenergiegesetz. Hier wäre dann eine weitere Änderung notwendig.

Erlaubt das Verfassungsrecht ordnungsrechtliche Maßnahmen?

Unabhängig davon, ob die Vorgaben des EU-Rechts ordnungsrechtliche Maßnahmen erfordern, stellt sich die Frage, ob und in welcher Art Deutschland solche einführen kann. Maßstab einer solchen Umsetzung ins deutsche Recht ist dann primär das Verfassungsrecht. Dies bestätigt auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Vorstellbar wäre etwa, dass die Eigentümer der betroffenen Grundstücke zu bestimmten Renovierungshandlungen „anlasslos“ (also nicht aus Anlass einer ohnehin geplanten [Teil]Sanierung) bis zu einem gewissen Datum verpflichtet werden und im Falle der Zuwiderhandlung sanktioniert werden. Jedenfalls im Lichte der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Grundgesetz ist diese Verpflichtung zur Ergreifung von Energieeffizienzmaßnahmen verfassungsrechtlich möglich, wenn bestimmte grundlegende Weichenstellungen eingehalten werden. Dies meint insbesondere einen gerechten Ausgleich zwischen Privatnützigkeit und Sozialbindung des Eigentums. Dabei sind besonders die wirtschaftliche Belastung sowie die Abmilderung dieser im Wege einer Förderung, Übergangsregelungen und Härtefallklauseln in den Blick zu nehmen ist. Diese Thematik haben wir in unserer Studie „Effizienzvorgaben für Gebäude im EU-Recht und Heizungsvorgaben im Gebäudeenergiegesetz“ im Detail untersucht.

Welcher Weg zur Umsetzung tatsächlich gewählt wird, ist also eine Entscheidung, die auch politisch beantwortet werden muss. Aus rechtlicher Sicht sind jedenfalls verschiedene Optionen denkbar und zulässig.

Ihre Ansprechpartner: Dr. Maximilian Wimmer und Carsten von Gneisenau