#Klimaschutzrecht2031: Gesprächsrunde

Mehrfachnutzung von Flächen für Wind und PV – Chance für die naturverträgliche Energiewende?

Datum: Mittwoch, 15. September 2021

Uhrzeit: 9:00-10:15 Uhr

Inhalt

Damit die Energiewende gelingen kann, braucht es ausreichend Flächen für den Ausbau erneuerbarer Energien.  In einem dicht besiedelten Land wie Deutschland sind diese ein knappes Gut, um das verschiedenste Nutzungsinteressen konkurrieren. Ein Lösungsansatz ist deshalb, Flächen kombiniert zu nutzen. Dafür kommen bereits genutzte Flächen – etwa für Wohnnutzungen oder Landwirtschaft – oder aber ohnehin beanspruchte Flächen in Betracht, um verbleibende Freiräume zu schonen.

Über die verschiedenen Möglichkeiten und Herausforderungen zur Mehrfachnutzung von Flächen haben wir mit Dr. Fabio Longo (Rechtsanwaltskanzlei Karpenstein Longo Nübel), Dr. Elke Bruns (Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende), Jess Jessen (Osterhof Solar GmbH & Co. KG) sowie Manuela Nissen und Stephan Schindele (BayWa r. e.) in einer Gesprächsrunde diskutiert. Im Fokus standen insbesondere die Chancen und Hemmnisse von Aufdach-, Biodiversitäts- und Agri-PV sowie von Wind-PV-Hybridanlagen .

Einig waren sich die Expertinnen und Experten darin, dass die Mehrfachnutzung von Flächen zu einer Win-win-Situation für Energiewende und Natur- und Artenschutz beitragen könnte. Dr. Elke Bruns mahnte allerdings, dass das Potenzial, das für die naturschutzfachliche Aufwertung von Flächen bestünde, besser genutzt werden müsse als es bislang der Fall sei. Solarparkbetreiber müssten verpflichtet werden, für die Solarenergie genutzte Flächen etwa durch gelenkte Sukzession, Einsaat oder spezielle Pflege aufzuwerten. In der Kritik stand auch der bestehende Rechtsrahmen. Die verschiedenen Vorhabentypen böten neben einem Beitrag zur Energiewende und dem Natur- und Artenschutz zwar weitere Vorteile: Aufdachanlagen ermöglichten etwa eine dezentrale Energieversorgung, Agri-PV schützten Saat und Ernte und verschafften den Landwirten dadurch wirtschaftliche Vorteile. Dennoch hemme der aktuelle Rechtsrahmen den Ausbau.

Stephan Schindele sieht daher für die Agri-PV Änderungsbedarf: „Für mehr Agri-PV müssen die Direktzahlungsdurchführungs- und BauNVO angepasst werden. Agri-PV muss, entsprechend der PV-Freiflächen und der PV-Dachanlagen, als eigenes Marktsegment ernst genommen werden.“ Um die Installation von Aufdach-PV attraktiver zu machen fordert Dr. Fabio Longo, Anreize für Mieterstrom besser zu setzen und zudem: „Die PV-Vergütung sollte eingefroren werden, damit die Wirtschaftlichkeit der Anlagen erhalten bleibt. Außerdem müssen Agri-PV und Floating-PV gefördert werden. Ein schnellerer Kohleausstieg wird nur gelingen, wenn wir die Energieregionen erhalten und dort gute Arbeitsplätze mit Erneuerbaren schaffen.“

Für Wind-PV-Hybridanlagen wünscht sich Manuela Nissen eine effizientere Nutzung der Netzinfrastruktur durch solche Anlagen. Dafür bedürfe es einer eigenen Kategorie und eines speziellen politischen Rahmens. „Zentral ist, dass wir die Bevölkerung etwa durch wirtschaftliche Anreize für mehr Akzeptanz mitnehmen“ ist Jess Jessen wichtig. Jede Änderung des Rechtsrahmens helfe nicht, solange die Unterstützung aus der Bevölkerung fehle.

Der Austausch mit den fünf Expertinnen und Experten machte einerseits deutlich, dass die Mehrfachnutzung das Potenzial bietet, Energiewende und Naturschutz zu einen. Klar ist aber auch, dass sich der Rechtsrahmen an mehreren Stellen ändern muss, um einen naturverträglichen Ausbau voranbringen und weitere Vorteile der Mehrfachnutzung von Flächen nutzen zu können.

Sollten Sie die Gesprächsrunde verpasst haben oder nochmal reinschauen wollen, können Sie sich gerne die Aufzeichnung ansehen.

Über #Klimaschutzrecht2031

Anlässlich unseres 10. Geburtstags entwickeln wir gemeinsam mit unserem Forschungsnetzwerk schon seit Anfang des Jahres ein neues Forschungsprogramm Klimaschutzrecht 2031, mit dem wir in den nächsten zehn Jahren einen zielgerichteten und effektiven Beitrag für das Gelingen der Energiewende leisten wollen. Denn die Klimaschutzziele erfordern einen grundlegend neuen Rechtsrahmen. Wir sehen unsere Aufgabe darin, als Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler diese notwendigen Reformen mit unserer Arbeit vorzubereiten und zu unterstützen. 

Die aktuellen Entwicklungen nehmen wir zum Anlass, zu prüfen, ob unsere Annahmen und Forschungsfragen bereits zielgerichtet auf die neuen politischen Vorgaben ausgerichtet sind oder ebenso eine andere Ausrichtung brauchen. Uns ist daher wichtig, unsere Ideen mit den Erfahrungswerten und Erwartungen der Fachwelt abzugleichen und Impulse und Anregungen für die nächsten zehn Jahre bis 2031 sammeln. Nur so können wir ein vollständiges Bild der Forschungsfragen entwickeln.

Welche Anregungen haben Sie für uns? Lassen Sie es uns unter #Klimaschutzrecht2031 wissen!