Die kurzfristige Erhöhung des nationalen CO2-Preises auf das ursprünglich vereinbarte Niveau von 45 Euro pro Tonne CO2 ab Januar 2024 und das Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Klima- und Transformationsfonds vom 15. November 2023 haben die Debatte um die Verwendung der CO2-Bepreisungseinnahmen erneut belebt. Während einige Stimmen auf die Notwendigkeit verweisen, die begrenzten Mittel für Investitionen einzusetzen, werben andere lautstark für die Einführung eines Klimageldes. Doch wäre Letzteres aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung überhaupt rechtlich zulässig?
Aktuell fließen alle Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Im Wirtschaftsplan für den KTF bis 2027 findet sich bislang kein Titel zur Verwendung der Gelder für ein Klimageld. Doch die Debatte ist im Gange, auch durch die Aussagen im Koalitionsvertrag, wo von der Entwicklung eines sozialen Kompensationsmechanismus („Klimageld“) die Rede ist. Ausgestaltung (pauschal pro Kopf oder sozial-gestaffelt nur an bestimmte Einkommensgruppen), Finanzierung und Zeitpunkt eines möglichen Klimageldes in Deutschland sind jedoch weiter unklar. Überdies sind auch rechtliche Vorgaben für die Verwendung der CO2-Bepreisungseinnahmen zu beachten.
Nationale und europäische CO2-Bepreisung
Die bisherige Diskussion rund um die Einführung eines Klimageldes dreht sich insbesondere um die Rückverteilung der Einnahmen aus der nationalen CO2-Bepreisung (BEHG) an die Bevölkerung. Bei der Verwendung dieser Einnahmen sind derzeit nur wenige Einschränkungen zu beachten (vgl. § 2 Klima- und Transformationsfondsgesetz, der zudem veränderbar wäre). Daneben existiert aber auch ein europäisches Instrument zur Bepreisung von CO2: das europäische Emissionshandelssystem (EU-EHS). Im Mai 2023 hat die EU eine umfassende Reform dieses EU-EHS beschlossen. Unter anderem wurde die Einführung eines neuen EU-EHS 2 sowie eines Klima-Sozialfonds vereinbart. Zudem wurden auch die Vorgaben zur Verwendung der EU-EHS-Einnahmen durch die Mitgliedstaaten geändert (vgl. Art. 10 Abs. 3 EHS-RL, Art. 30d Abs. 6 EHS-RL).
Wichtig ist dabei: Das neue EU-EHS 2 deckt wie der nationale CO2-Preis die Sektoren Gebäude und Straßenverkehr ab. Die Zukunft des nationalen Preises ist daher ungewiss, wenn das EU-EHS 2 ab 2027 greift. Daher kommt es bei der Frage der Finanzierung eines Klimageldes schon heute maßgeblich auf die Vorschriften zur Einnahmenverwendung in der europäischen Emissionshandelsrichtlinie an.
Neue Einnahmenverwendungszwecke in der Emissionshandelsrichtlinie
Im Rahmen der Reform wurde u. a. ein neuer Verwendungszweck zur Finanzierung nationaler Klimadividendensysteme eingeführt (Art. 10 Abs. 3 Buchstabe hb) EHS-RL). Die Emissionshandelsrichtlinie enthält zwar keine Anhaltspunkte dafür, was unter dem Begriff des Klimadividendensystems zu verstehen ist.
In Anlehnung an verschiedene wissenschaftliche Publikationen ist aber anzunehmen, dass hier Systeme zur Rückverteilung der CO2-Preiseinnahmen an die Bevölkerung gemeint sein dürften. Überdies enthält der Verwendungszweck „Klimadividendensystem“ die Bedingung, dass solche Systeme nachgewiesene positive Umweltauswirkungen mit sich bringen müssen. Das dürfte weder bei einem pauschalen Pro-Kopf-Klimageld, noch bei einem sozial-gestaffelten Klimageld der Fall sein.
Ein anderer Verwendungszweck erlaubt es den Mitgliedstaaten, die Einnahmen aus dem EU-EHS zur finanziellen Unterstützung zu verwenden, um soziale Aspekte in Haushalten mit niedrigem oder mittlerem Einkommen anzugehen (Art. 10 Abs. 3 Buchstabe ha) EHS-RL). Jedoch ist unklar, inwiefern hierunter auch die Finanzierung eines Klimageldes gefasst werden kann. Sofern man ein Klimageld nämlich als Klimadividendensystem verstehen muss, gilt für die Finanzierung dieses Instruments der soeben beschriebene Einnahmenverwendungszweck. Konsequenterweise muss hier eine Sperrwirkung greifen. Andernfalls könnten die strengeren Voraussetzungen der Verwendungszweckvorgabe „Klimadividendensysteme“, insbesondere das Erfordernis positiver Umweltauswirkungen, umgangen werden.
Außerdem ist fraglich, inwiefern ein pauschales pro-Kopf-Klimageld die soziale Komponente des Einnahmenverwendungszwecks „finanzielle Unterstützung von Haushalten“(Buchstabe ha) auch perspektivisch erfüllt. Schließlich ist es naheliegend, dass in den kommenden Jahren vor allem einkommensstarke Haushalte in klimafreundliche Technologien (z. B. Wärmepumpen, E-Autos) investieren und somit künftig weniger CO2-Preis zahlen, als sie über das Klimageld zurückerstattet bekämen.
Rechtliche Unsicherheiten bei einer europäischen Finanzierung
Ein Klimageld, das keine nachweisbaren positiven Umweltwirkungen mit sich bringt, kann demnach nur dann aus den Einnahmen des EU-EHS finanziert werden, wenn es nicht als Klimadividendensystem, sondern als anderes Instrument zur finanziellen Unterstützung von Haushalten mit niedrigem oder mittlerem Einkommen anzusehen ist. Doch verbleiben hier letztlich aufgrund des unklaren Begriffsverständnisses von Klimadividendensystemen und der damit einhergehenden Abgrenzungsschwierigkeiten rechtliche Unsicherheiten.
Der neu geschaffene Klima-Sozialfonds bietet nach seiner jetzigen Ausgestaltung keine alternative Finanzierungsquelle für ein Klimageld. Zum einen ist das Finanzvolumen des Fonds insgesamt und die Höhe der maximal für direkte Einkommensbeihilfen zur Verfügung stehenden Mittel für Deutschland begrenzt. Zum anderen lassen die Vorschriften zur Verwendung der Klima-Sozialfondsmittel die Finanzierung der aktuell in Deutschland diskutierten Klimageldkonzepte nicht zu.
Eine Finanzierung des Klimageldes aus den Einnahmen der nationalen CO2-Bepreisung wäre demgegenüber aktuell rechtssicher möglich. Allerdings ist im Hinblick auf die Einführung des EU-EHS 2 im Jahr 2027 noch ungewiss, ob und wenn ja, wie der nationale CO2-Preis fortbesteht und welche zusätzlichen Einnahmen darüber erzielt werden könnten.
Die Debatte um das Klimageld in Deutschland ist noch in vollem Gang. Es wird jedoch immer deutlicher, dass die Überlegungen rund um das Klimageld konkreter werden müssen: Was kann und soll ein Klimageld leisten? Wie muss es ausgestaltet sein, um es auch nach 2027 rechtssicher fortzuführen? Und wo braucht es gegebenenfalls schlicht andere Instrumente? Denn fest steht: Die aktuellen Ideen sind mit einer europäischen Finanzierung rechtlich unsicher.
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